Neue Erdgas-Studie vorgestellt
«Wir brauchen einen klaren Ausstiegsplan aus der Erdgas-Nutzung»
Eine Studie des Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) im Auftrag der EWS zeigt: Die Verbrennung von Erdgas zur Wärmeerzeugung ist weit klimaschädlicher als vielfach angenommen. Die regenerative Wärmewende ist möglich, braucht aber unterschiedliche Wege und Technologien.
Die am heutigen Mittwoch veröffentlichte Studie «Was Erdgas wirklich kostet - Roadmap für den Gasausstieg im Wärmesektor» zeigt deutlich, dass die Klimakosten von Erdgas weit höher sind als bisher angenommen und in erheblichem Maße zu den Treibhausgas-Emissionen beitragen. Die vom Forum Ökologisch Soziale Marktwirtschaft (FÖS) im Auftrag der EWS Elektrizitätswerke Schönau durchgeführte Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass durch die Verwendung von Erdgas im Wärmesektor in Deutschland jährliche Treibhausgas (THG)-Emissionen in Höhe von 91,5 bis 107,2 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten anfallen – wovon 87,1 Tonnen verbrennungsbedingt aus CO2-Emissionen stammen und rund 4,4 bis 20 Millionen Tonnen aus Methanleckagen entweichen. Zum Vergleich: die gesamten CO2-Emissionen des Landes Berlin betrugen im Jahr 2019 etwa 17 Millionen Tonnen CO2.
Nach dem Schadenskostenansatz für 2021 bedeutet das: Durch die Nutzung von Erdgas im Gebäudesektor entstehen Klimakosten von rund 18 bis 21 Milliarden Euro, wobei auf die besonders klimawirksamen Methanleckagen rund 0,9 bis vier Milliarden Euro entfallen.
Klimaneutrale Wärmeversorgung bis 2030 möglich
«Die Studie macht mehr als deutlich, dass wir einen baldigen Ausstieg aus dem Erdgas in der Wärmeerzeugung brauchen», sagt Sebastian Sladek, Vorstand der EWS Elektrizitätswerke Schönau. Vor dem Hintergrund, dass die Treibhausgas-Emissionen im Gebäudesektor - mit 16 Prozent für die Emissionen insgesamt in Deutschland verantwortlich – zu mehr als 60 Prozent auf die Erzeugung von Wärme auf Basis von Erdgas zurückgehen, betont Sladek: «Wir können und müssen in Deutschland schnellstmöglich klimaneutral werden und daher auch im Wärmesektor auf regenerative Lösungen setzen. Dass dies möglich ist, zeigt die Studie sehr eindrucksvoll.»
Isabel Schrems, Autorin der Studie und Wissenschaftliche Referentin beim FÖS, hob bei der Vorstellung ihrer Analyse hervor, dass das Potenzial aus Solarthermie, Biomasse, Geothermie, Umweltwärme und Abwärme aus der Industrie im Jahr 2030 bei 1.403 bis 2.183 Terrawattstunden liege. Damit sei es fast doppelt so hoch wie der heutige Endenergieverbrauch im Gebäudewärmesektor. Zusammen mit der erwarteten weiteren Zunahme der Energieeffizienz sei sehr wahrscheinlich, dass in Deutschland bis Ende des Jahrzehnts genügend erneuerbare Wärme erzeugt werden kann. Ein Ausstieg aus der Nutzung aller fossilen Energieträger im Gebäudebereich, inklusive Erdgas, machbar sei.
Klimakosten von Erdgas noch nicht eingepreist
«Die Studie zeigt, dass die wahren Klimakosten durch Erdgas weit höher sind als der aktuelle Preis», betonte Carolin Schenuit, geschäftsführende Vorständin des FÖS, «denn drei Viertel dieser Kosten sind bisher nicht im Preis berücksichtigt. Diese Kosten über den Brennstoffemissionshandel schnellstmöglich einzupreisen ist klimapolitisch dringend angezeigt und logische Konsequenz aus dem Klima-Urteil des Bundesverfassungsgerichtes. Wir brauchen auf dem Weg zum Erdgas-Ausstieg aber auch ordnungspolitische und planungsrechtliche Maßnahmen, um schnell voranzukommen. Mit kommunalen Wärmeplänen und einem Neubauverbot für Gasheizungen können dezentrale, nachhaltige Wärmenetze gefördert werden. Das wird z. B. in Dänemark bereits praktiziert.»
Verena Graichen, Stellvertretende Vorsitzende des Bundes für Umwelt- und Naturschutz Deutschland, drängte bei der Podiumsdiskussion im Anschluss an die Studienvorstellung auf mehr Energieeffizienz bei der Umsetzung der Wärmewende. Ein großes und schnell ausbaubares Potenzial liege in der energetischen Gebäudesanierung. Die per Video zugeschaltete SPD-Bundestagsabgeordnete Nina Scheer betonte, dass Erdgas allenfalls noch für eine kurze Übergangszeit als Brücke zum Ausstieg aus der Nutzung fossiler Energien dienen dürfe. Vor allem müsse der Ausbau der Erneuerbaren Energien – auch im Wärmesektor – deutlich beschleunigt werden. Dies müsse, so waren sich die Podiumsteilnehmer:innen weitestgehend einig, vor allem auch über eine grundsätzliche Reform des Systems der Steuern, Abgaben, Entgelte und Umlagen auf Energie geschehen.
Über das FÖS
Das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) e.V. ist ein unabhängiger politischer Think Tank für marktwirtschaftliche Instrumente in der Umwelt- und Klimapolitik. Das FÖS erstellt ökonomische Studien und politische Expertisen. Seit 1994 setzt es sich für die Weiterentwicklung der sozialen Marktwirtschaft zu einer ökologisch-sozialen Marktwirtschaft ein.
Über die EWS Elektrizitätswerke Schönau
Seit 2009 firmiert die heutige EWS Elektrizitätswerke Schönau eG als Genossenschaft mit ca. 9.000 Mitgliedern. Die EWS-Gruppe setzt sich für die Energiewende und eine vollständige, effiziente Energieversorgung auf Basis Erneuerbarer Energien ein. Bürgerliches Engagement, Mitbestimmung und Dezentralisierung gehören dabei zu den Grundpfeilern des unternehmerischen Handelns. Aktuell werden bundesweit ca. 220.000 Kunden mit Ökostrom und Biogas versorgt.
Medien
Foto: Silke Reents
V.l.n.r.: Sebastian Sladek (EWS-Vorstand), Carolin Schenuit (geschäftsführende Vorständin FÖS), Peter Ugolini-Schmidt (Energiepolitischer Sprecher der EWS), Verena Graichen (stellvertretende Vorsitzende BUND)
Foto: Silke Reents
V.l.n.r.: Carolin Schenuit (Geschäftsführende Vorständin FÖS), Isabel Schrems (Studienautorin, Wissenschaftliche Referentin, FÖS), Peter Ugolini-Schmidt (Energiepolitischer Sprecher EWS), Sebastian Sladek (Vorstand EWS), Verena Graichen (stellvertretende Vorsitzende BUND)
Studie «Was Erdgas wirklich kostet - Roadmap für den Gasausstieg im Wärmesektor»
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