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Klima-Start-ups: jung, grün, vielversprechend

Ein Bericht von Daniela Becker

Während die Konzerne den Klimaschutz noch immer nachrangig behandeln, arbeiten hunderte Start-ups europaweit an Ideen für eine postfossile Wirtschaft.

Müllberge, Artensterben, Klimakrise – die Liste der ungelösten Umweltprobleme scheint endlos. Deutschlandweit gehen seit Monaten Kinder und Jugendliche unter dem Motto «Fridays for Future» auf die Straße, um gegen die Untätigkeit der Politik zu demonstrieren. Über 400 Unternehmen haben sich als «Entrepreneurs for Future» zusammengetan und unterstützen inzwischen die Klimastreiks der Jugend. Es könnten noch mehr werden, denn immer mehr Akteure aus der Wirtschaft widmen ihren unternehmerischen Zweck der Zukunftssicherung. «Ein Viertel aller Gründungen in Deutschland leistet inzwischen Beiträge zum Klima- und Umweltschutz», sagt Klaus Fichter, Gründer und Leiter des «Borderstep Instituts für Innovation und Nachhaltigkeit» in Berlin, das die deutsche Marktsituation im Hinblick auf Start-ups analysiert hat.

Mit dem Begriff Start-up werden Unternehmen in der Gründungsphase bezeichnet, die neue Geschäftsmodelle finden und mit neuartigen Produkten, Dienstleistungen oder Technologien bestehende Angebote ergänzen oder vollständig ersetzen wollen. Doch was können Start-ups besser als alteingesessene Unternehmen? «Wirkliche Neuerungen – das, was wir Grundlageninnovation nennen – kommen heute hauptsächlich von Start-ups», erklärt Klaus Fichter. Etablierte Unternehmen fokussieren hingegen meist darauf, Dinge, die es schon gibt, zu verbessern. Autokonzerne haben beispielsweise in den vergangenen Jahren immer effizientere Motoren entwickelt – aber wenig darüber nachgedacht, wie sich der Verkehrssektor, einer der größten Klimagasverursacher, im Gesamten nachhaltiger gestalten lässt.

Neue urbane Mobilität

Anders die Gründer des Münchner Start-ups «UrmO»: Gemeinsam mit seinem Studienkommilitonen Jakob Karbaumer (24) tüftelt Felix Ballendat (29) bereits seit einigen Jahren an einem Prototyp eines «E-Floaters», eines jener Fahrgeräte, die im Deutschen unter dem etwas sperrigen Begriff «elektrisches Kleinstfahrzeug» firmieren. Auf den ersten Blick erinnert die Variante der Münchner am ehesten an eine Art abgespeckten Segway: ein Trittbrett, auf dem der Fahrer steht, mit jeweils links und rechts einem großen Reifen. Das zusammenfaltbare Gerät ist dafür gedacht, mehr Menschen den Umstieg auf die öffentlichen Verkehrsmittel schmackhaft zu machen. Wer aus dem Bus oder Zug aussteigt, soll schon bald einfach den UrmO aufklappen können, um darauf die letzten Kilometer zur Arbeit zu rollen.

Zwei Unternehmensgründer auf E-Floatern in einer Fußgängerzone
So kann die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel attraktiver werden: das letzte Stück statt zu Fuß einfach auf dem E-Floater ins Büro. Foto: UrmO
Ein Mann im Anzug trägt einen zusammengeklappten E-Floater.
Der zusammengeklappte E-Floater ist kaum größer als eine geräumige Aktentasche. Foto: UrmO
Drei Unternehmensgründer sitzen beisammen, daneben die von ihnen entwickelten E-Floater.
Felix Ballendat, Jakob Karbaumer, und Sebastian Signer arbeiten im «Strascheg Center for Entrepreneurship» (SCE) an Lösungen für die Mobilität der Zukunft. Foto: UrmO

Mit rund sieben Kilogramm wiegt der UrmO nicht mehr als eine Trage mit sechs Liter Plastikflaschen; zusammengeklappt ist er kaum größer als eine Aktentasche. Wird der UrmO entfaltet, schaltet er sich vom Schlaf- in den Bereitschaftsmodus. Gesteuert wird über Gewichtsverlagerung: Ein leichtes Nachvorne-Lehnen gibt dem Floater das Signal loszufahren, entgegengesetzt wird gebremst. Mit ihrer Idee haben die Gründer sich vor drei Jahren beim «Strascheg Center for Entrepreneurship» (SCE) in München beworben – und den Zuschlag für die Förderung bekommen. Seither darf das UrmO-Team die Räume des SCE kostenfrei nutzen; neben dem Büro gibt es eine Co-Working-Fläche und eine Küche, die gemeinsam genutzt werden, damit sich die verschiedenen Gründerteams vernetzen und austauschen können.

Die Einrichtung der «Hochschule für angewandte Wissenschaften München» fördert Studierende vor und während der Gründung, damit die Jungunternehmen schneller wachsen. Dabei werden neben Wissen, Coaching und Netzwerk auch Arbeitsplätze und Ressourcen zur Verfügung gestellt. «Wir erhielten Unterstützung bei Fragen rund um die Gründung und profitieren zudem vom großen Beratungsnetzwerk des Centers, beispielsweise bei rechtlichen Fragen», sagt Sebastian Signer, strategischer Kopf des Start-ups.

Zu wenig Unterstützung für «grüne» Start-ups

Auch im Energiebereich haben viele Unternehmen Veränderungen lange ignoriert, die sich durch Erneuerbare Energien, Digitalisierung und die Notwendigkeit, das Klima zu schützen, ergeben. «Große Konzerne sind vergleichbar mit Tankschiffen, die nur sehr langsam umzusteuern sind. Start-ups sind dagegen flexibel und entwickeln frische Ideen», sagt Klaus Fichter. Und die würden dringend benötigt, wenn es darum geht, dem Klimawandel zu begegnen. «Gerade mit Blick auf Klimaschutz und Energiewende liefern solche Start-ups nicht nur neuartige Produkte, sondern vor allem solche, von denen die Gesellschaft insgesamt profitiert. Das bedeutet eine doppelte Dividende», fügt er hinzu. Trotzdem hätten es «grüne» Start-ups bislang schwerer als normale Gründungen. «Viele Investoren und Geldgeber», so Fichter, «haben kaum Erfahrung mit dem Bereich Umwelttechnologie und lassen deswegen lieber die Hände davon. » Der Innovations- und Gründungsforscher ist der Ansicht, dass nachhaltige Unternehmensgründungen viel stärker als bisher gefördert werden müssten, sowohl finanziell als auch ideell.

Anschub für Energiewende-Unternehmen

Bei der Start-up-Förderung gibt es ganz unterschiedliche Ansätze. Sogenannte «Inkubatoren» – also «Ideen-Brutkästen», wie das SCE in München – begleiten Start-ups in der Gründungsphase, indem sie dem Gründerteam die Möglichkeit geben, in einem geschützten und unterstützenden Umfeld Geschäftsmodelle zu entwickeln. Über mehrere Monate hinweg stehen dafür individuelles Coaching, Räumlichkeiten und weitere Ressourcen zur Verfügung. «Accelerator-Programme» dagegen unterstützen vorrangig bereits gegründete Start-ups oder Gründer mit ausgereiften Geschäftsideen. Im Vergleich zum Inkubator ist die Intensität der Programme in der Regel höher und die Dauer beschränkt auf wenige Monate. Ziel ist also hier, das Geschäftsmodell in kürzester Zeit auf Erfolgskurs zu bringen.

Bei einer Veranstaltung stehen Menschen locker gruppiert an Stehtischen und unterhalten sich.
Get-together bei einem Accelerator-Event in Berlin-Adlershof Foto: WISTA Management/Tina Merkau

Inzwischen gibt es bundesweit einige Angebote, die ganz speziell grüne Gründer ansprechen: So bietet das Programm «A² Accelerator» in Berlin-Adlershof jährlich fünf bis acht Gründerteams aus den Bereichen Smart Energy, Erneuerbare Energien oder Energieeffizienz die Chance, ihre Geschäftsideen gemeinsam mit erfahrenen Unternehmern umzusetzen und Wachstum zu generieren.

«Veolia», ein großes Unternehmen aus dem Bereich Abfallwirtschaft, hat das «U-START»-Programm ins Leben gerufen, um innovative Start-ups in den Bereichen Kreislaufwirtschaft, Klimaschutz und Ressourceneffizienz zu fördern. Das «GO! Start-up Zentrum Oldenburg» fokussiert auf die Themen Energie, Gesundheit und Klima. Es unterstützt Start-ups mit einem viermonatigen Programm dabei, ihre Geschäftsidee zusammen mit einem Netzwerk aus namhaften Unternehmenspartnern und Mentoren zur Marktreife zu entwickeln und potenzielle Investoren zu überzeugen. Der «Smart Green Accelerator» in Freiburg im Breisgau wiederum arbeitet mit etablierten Pionieren der grünen Wirtschaft zusammen, um Branchenneulinge mit vielversprechenden Ideen zu Erneuerbarer Energie, Energieeffizienz und Umwelttechnik bei der Entwicklung eines Geschäftsmodells zu unterstützen.

EU-weites Förderprogramm für Klima-Start-ups

Auch die Europäische Union fördert mit ihrer Klimaschutzinitiative «Climate-KIC» seit einigen Jahren ganz gezielt junge Unternehmen. Ihre Mission klingt ehrgeizig: «Wir verfolgen zwei Schwerpunkte: die Herausforderungen des Klimawandels durch Innovationen zu adressieren und gleichzeitig die europäische Wirtschaft zu fördern», sagt Björn Grindberg, Verantwortlicher für das Start-up-Programm von Climate-KIC in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Gespannt lauschendes Publikum bei einer Veranstaltung; im Vordergrund das Logo des EIT Climate-KIC
Gefüllte Zuschauerreihen beim Climate KIC Demo Day am 27. Sepember 2018 in Berlin Foto: Michael Gottschalk

Zweimal im Jahr können sich europäische Gründer um die Förderung bemühen. Alleine in diesen drei Ländern werden laut Grindberg rund 400 Bewerbungen pro Zyklus eingereicht. Etwa 70 besonders vielversprechende Teams werden an die vier Standorte eingeladen, wo sie in einem kurzen Vortrag ihre Ideen präsentieren. «Das ist ein bisschen wie bei der Fernsehshow ‹Die Höhle der Löwen›», lacht Grindberg. «Nur dass bei uns die Jury mit Experten aus Wirtschaft und Wissenschaft besetzt ist.» Wer die Juroren überzeugt, dass die Geschäftsidee dem Klimaschutz oder der Klimawandelanpassung dient und natürlich auch wirtschaftliches Potenzial hat, erhält ähnlich wie beim SCE in München Coaching- und Mentoring-Angebote sowie Beratung und Büroräume – und kann zudem auf ein großes Unterstützernetzwerk aus über 350 Partnern aus Forschung, Bildung und der Privatwirtschaft zurückgreifen. Hinzu kommt eine finanzielle Förderung in Höhe von maximal 85.000 Euro.

Seit 2010 hat Climate-KIC europaweit mehr als 1.000 Start-ups beim Markteintritt unterstützt, über 200 davon in Deutschland. Die geförderten Unternehmensideen decken eine sehr breite Palette ab: Von Systemen zur Luftreinhaltung über Konzepte zur Verbreitung von Elektromobilität bis hin zur verbesserten Verteilung und Speicherung von Strom aus Wind und Sonne ist alles dabei.

CO2 sparen – durch möglichst lange Nutzung

Das Wiener Unternehmen «refurbed» möchte beispielsweise, dass Produkte länger und damit nachhaltiger genutzt werden. «Unser Ziel ist es, der Wegwerfgesellschaft ein neues Modell entgegenzusetzen. Nachhaltigkeit muss sich auch für den Konsumenten auszahlen», so Peter Windischhofer, einer der Gründer. Die Geschichte, die dahintersteckt, hat auch die Jury des Climate-KIC überzeugt: Die Herstellung elektronischer Neugeräte ist fast immer sehr klimaschädlich. Bei ihrer Produktion entstehen große Mengen CO2-Emissionen und es werden viele Ressourcen verbraucht. Der Abbau von Kobalt und Lithium, die für Akkus benötigt werden, geht vielfach mit Menschenrechtsverletzungen und schweren Umweltschäden einher, so der Bericht «Green Conflict Minerals» des «International Institute for Sustainable Development». Geräte, die noch funktionieren, aber nicht mehr up to date sind, werden oft achtlos weggeworfen. Elektroschrott muss aufwendig entsorgt werden. Die drei Gründer von refurbed haben deswegen eine Online-Plattform entwickelt, auf der bereits gebrauchte, aber generalüberholte Geräte wie Handys oder Notebooks erworben werden können. Die Geräte sind geprüft, haben ein Jahr Garantie und sind deutlich günstiger als bei einem Neukauf. So haben alle etwas davon: die Umwelt, das Klima und der Käufer, der bares Geld sparen kann.

Ein Handy-Display wird mithilfe einer Pinzette behutsam aus dem Gehäuse gelöst.
Beim Start-up-Unternehmen refurbed werden elektronische Geräte zur Weiterbenutzung aufbereitet. Foto: Andrey Popov
Die Gründer von «refurbed» in einem Treppenaufgang
Die refurbed-Gründer: Jürgen Riedl, Peter Windischhofer und Kilian Kaminski Foto: refurbed

Planungs- und Prognosesoftware für ökologisches Bauen

Das ebenfalls durch Climate-KIC geförderte Start-up «CAALA» (Computer-Aided Architectural Life-cycle Assessment) versucht, einen ganz anderen großen Energieverbraucher umweltverträglicher zu gestalten: den Gebäudebau. Jeder Bauherr weiß nur zu gut, dass es in der stressigen Planungsphase unendlich viele Fragen zu beantworten gibt. Welches Heizungssystem soll es werden, wie dick muss die Dämmung sein, lohnt sich eine Photovoltaikanlage auf dem Dach, Wintergarten ja oder nein? Will man heute wissen, was solche Maßnahmen für die Energiebilanz des Gebäudes bedeuten, muss ein Energieberater mithilfe von Excel-Tools jede einzelne Variante per Hand ausrechnen. Das ist aufwendig und kann Wochen in Anspruch nehmen. «Deswegen werden viele dieser Entscheidungen lieber aus dem Bauch heraus getroffen», sagt Bauingenieur und Architekt Alexander Hollberg, Gründer des Unternehmens. Sowohl für den Bauherrn als auch für die Umwelt kann das unvorteilhaft sein. Denn die Investitionskosten machen nur etwa 20 Prozent der gesamten Lebenszykluskosten eines Gebäudes aus.

Ein Mehrfamilienhaus im Bau, die Baugerüste stehen noch.
Die Software CAALA ermöglicht es, den sehr energieintensiven Gebäudebau umweltverträglicher zu gestalten. Foto: Markus Münch
Screenshot einer
Berücksichtigt werden Veränderungen des Energiebedarfs und die Ökobilanz über den Gesamtlebenszyklus des Gebäudes. Foto: Markus Münch

Der weitaus größere Teil entfällt auf Betrieb und Instandhaltung. Was heute verbaut wird, bestimmt daher die Klima-Performance eines Gebäudes auf Jahrzehnte. «Wenn man also etwas mehr Geld für energieeffiziente Technologie ausgibt, kann sich das über die komplette Nutzungsphase betrachtet deutlich auszahlen», sagt Hollberg. CAALA hat eine Software entwickelt, mit der sich in Sekundenschnelle die Veränderungen des Energiebedarfs und der Ökobilanz über den ganzen Lebenszyklus des Gebäudes berechnen lassen. Anhand aussagekräftiger und leicht verständlicher Balken- und Tortendiagramme werden Auswirkungen, wie etwa die Heizbilanz oder Gewinne durch Solarenergienutzung, aufgezeigt. «Wir erleichtern die Kommunikation zwischen Architekt und Bauherr in der frühen Planungsphase und bieten damit eine Grundlage für eine sachliche Entscheidung auf Faktenbasis», erläutert Hollberg.

Ein Schwamm, der CO2 aus der Luft saugt

Manche «grünen» Konzepte benötigen jahrelange Grundlagenforschung, bevor überhaupt an eine wirtschaftliche Verwertung zu denken ist. «Wir unterstützen auch Unternehmungen, die sich noch in einer sehr frühen Phase befinden oder eine lange technische Entwicklung benötigen. Diese sind für ausschließlich wirtschaftlich orientierte Investoren einfach noch nicht interessant und haben daher Probleme bei der Kapitalfindung», erläutert Björn Grindberg.

Eine dieser Langzeit-Entwicklungen befindet sich heute am Fuße des Vulkans Hengill im Südwesten Islands. Dort produziert das zweitgrößte geothermische Kraftwerk der Welt Elektrizität und Wärme für die isländische Hauptstadt. Nicht nur, dass Reykjavík sich damit komplett fossilfrei versorgt – die Anlage holt seit vergangenem Jahr auch noch überschüssiges Kohlenstoffdioxid aus der Abluft. Genutzt wird dafür die «Direct Air Capture»-Technik (DAC) des Start-ups «Climeworks» aus Zürich, deren Kernstück ein spezieller Filter ist, der wie ein Schwamm CO₂-Moleküle aus der Luft saugt, bis er gesättigt ist.

Zwei junge Männer stehen vor einer Phalanx von riesigen Ventilatoren.
CO2-Filtertechnik im Großeinsatz: die Entwickler vor ihrer Anlage bei der KEZO Kehrichtverwertung in Hinwil Foto: Keystone / Gaetan Bally
Zentralperspektivischer Blick in ein großes Gewächshaus
Treibhauseffekt einmal anders: Das aus der Abluft gefilterte Treibhausgas fördert hier das Pflanzenwachstum. Foto: Climeworks / Julia Dunlop
Zwei Männer mit Warnwesten entfernen sich von einem kleinen Gebäude, dahinter Rohre und entweichender Dampf
Eine Anlage von Reykjavik Energy in Island. Hier wird CO2 im Gesteinsboden mineralisiert … Foto: Climeworks / Zev Starr-Tambor
Eine Werkshalle, darin eine Apparatur mit Motor und Kessel, der an zahlreiche Rohre angebunden ist
… indem es in Wasser gebunden und über 700 Meter in den Untergrund geleitet wird. Foto: Climeworks / Zev Starr-Tambor
Nahaufnahme von Basaltgestein, die dessen poröse Struktur deutlich zeigt
Dort reagiert es mit dem Basaltboden und verwandelt sich in weniger als zwei Jahren in Stein. Foto: Sandra O Snaebjornsdottir

Die beiden Erfinder, Christoph Gebald und Jan Wurzbacher, einst Studenten der ETH Zürich, haben viele Jahre an dieser Technologie geforscht. In ihrem Pilotprojekt im schweizerischen Hinwil wird das aus der Umgebungsluft gefilterte CO2 direkt in ein Gewächshaus geleitet, wo das Treibhausgas das Pflanzenwachstum beschleunigt. In Island geht man jedoch noch einen Schritt weiter: Dort wird das CO2 in Wasser gebunden und über 700 Meter in den Untergrund geleitet. Tief im Basaltboden kann das sprudelnde Gemisch aufgrund des Drucks und hoher Temperaturen nicht entweichen. Stattdessen reagiert es mit dem Basalt und verwandelt sich in Stein. «Wir haben den Beweis erbracht, dass Klimagas dauerhaft mineralisiert werden kann», sagt Projektleiterin Edda Sif Pind Aradóttir von «Reykjavik Energy». «Durch die Imitation natürlicher Prozesse geschieht das in weniger als zwei Jahren.» Bis vor Kurzem waren Wissenschaftler noch davon ausgegangen, dass die Mineralisation von COzu Karbonat Hunderte Jahre dauern würde.

Solche Entwicklungen kommen keine Sekunde zu früh. Der weltweite CO2-Ausstoß ist laut eines aktuellen Berichts der «Internationalen Energieagentur» im vergangenen Jahr um 1,8 Prozent auf einen neuen Rekordwert gestiegen. Die globale Erwärmung ist die vielleicht größte Herausforderung, mit der die Menschheit je konfrontiert war. Umso dringender benötigen wir heute die Ideen, Konzepte und Entwicklungen der jungen «grünen» Unternehmen: Denn nur dann, wenn es uns rasch gelingt, unsere Mobilität, die Energieversorgung und den Umgang mit Ressourcen nachhaltiger zu gestalten, können wir den weltweiten Temperaturanstieg noch begrenzen und damit zumindest die gravierendsten Folgen der Klimakrise abmildern.

 

 

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22. Mai 2019 | Energiewende-Magazin