Ein Fluss wird wild
Ein Bericht und Fotos von Gunther Willinger
Die Flussrenaturierung der Maas nördlich von Maastricht schafft neue Lebens- und Erholungsräume, sorgt für Hochwasserschutz und erhöht die Artenvielfalt.
Ein warmer Frühlingstag an der Maas. Zottelige Galloway-Rinder teilen sich das Flussufer mit großen Gänsefamilien und eilig umherstelzenden Austernfischern. Auf den Kiesbänken brüten Flussregenpfeifer und in der weiten, mit Gräsern und Kräutern bewachsenen Flussebene grasen halbwilde Konik-Pferde. Kaum vorstellbar, dass diese Naturidylle noch vor Kurzem einer Großbaustelle glich. «Bis vor ein paar Jahren wurde hier Kies abgebaut», sagt Hettie Meertens, Biologin bei «ARK Rewilding Nederland», einer niederländischen NGO für Naturentwicklung mit Sitz in Nijmegen.
Direkt nördlich von Maastricht und keine halbe Autostunde westlich von Aachen bildet die Maas auf rund 50 Flusskilometern die Grenze zwischen Belgien und den Niederlanden. Dort, wo die Grenzmaas früher einem tief eingeschnittenen Flussbett mit befestigten Ufern folgen musste, wurde dem Fluss wieder Raum verschafft, um in die weiten Auenflächen ausweichen zu können.
Das Schicksal der Maas ähnelte lange Zeit dem der meisten Flüsse Mitteleuropas: Im Laufe der letzten 500 Jahre hat man sie begradigt und eingedeicht, vertieft und dadurch schiffbar gemacht – und zudem zahlreiche Wehre, Schleusen und Staustufen errichtet, um den Wasserstand nach Belieben zu regulieren und Strom zu gewinnen.
Mit einem hohen Preis: Artenreiche Auwälder, Altarme und natürliche Überschwemmungszonen entlang der Flüsse verschwanden, wandernde Fischarten wie Stör, Lachs und Maifisch konnten nicht mehr zu ihren Laichgründen gelangen. Bei starkem Hochwasser mussten die Schleusen am Oberlauf geöffnet werden – und durch die kanalisierten Flüsse schoss das Wasser mit Wucht flussabwärts, wo es umso mehr Verwüstungen anrichtete, je stärker die ehemaligen Überflutungsflächen vom Menschen umgenutzt und besiedelt worden waren.
Die Klimaerwärmung zeigt die Grenzen auf
Jahrhundertelang wurde alles dafür getan, dass das Wasser möglichst schnell in Richtung Meer abfließt. Der Ausbau des Schiffsverkehrs und Landgewinnung durch die Trockenlegung von Auen, Feuchtgebieten und Mooren waren übergeordnete Ziele. Doch durch die Klimaerwärmung treten die Schattenseiten unserer entwässerten Landschaften inzwischen immer deutlicher zutage: Anhaltende Trockenheit und Starkregen gefährden Ernährungssicherheit und Infrastruktur – wir sollten also alles dafür tun, um das wertvolle Trinkwasser aus Gletschern, Schnee und Regen möglichst lange zurückzuhalten. Wie das gelingen kann, aber auch, welcher Aufwand damit verbunden ist, zeigt das «Projekt Grenzmaas», dessen Anfänge über 30 Jahre zurückliegen.
Die Maas wird durch Niederschläge in den französischen und belgischen Ardennen gespeist, ihre Wassermenge unterliegt dadurch von Natur aus großen Schwankungen. Vor der Flussrenaturierung bekamen manche Dörfer schon bei mittleren Pegelständen Probleme, etwa die Weiler Itteren und Borgharen, die idyllisch in zwei Flussschleifen nördlich von Maastricht liegen. «Dort mussten die Bewohnerinnen und Bewohner früher jedes zweite oder dritte Jahr evakuiert werden», erzählt Peet Adams, Kommunikationschef beim «Consortium Grensmaas», das seit 2005 die Renaturierungsarbeiten auf der niederländischen Flussseite koordiniert.
Fast fünf Jahrzehnte Anlaufzeit
Die Vorgeschichte der Maas-Renaturierung hat jedoch schon deutlich früher begonnen. Bereits in den 1980er-Jahren entwickelten Landschaftsarchitekten und Ökologen mit dem «Plan Ooievaar» (Plan Storch) eine Vision für die Zukunft der niederländischen Flüsse, die richtungsweisend für die spätere Renaturierung war: Die Flüsse sollten wieder mehr Raum bekommen und damit sowohl Hochwasser abpuffern als auch die Artenvielfalt und das Landschaftsbild verbessern.
Hochwasserschutz darf nicht als Einzelaufgabe betrachtet werden.
Die gesellschaftliche Diskussion über die «Fluss-Wende» war also längst im Gange, als die Jahrhunderthochwasser von 1993 und 1995 über die Region Grenzmaas hereinbrachen. Damals standen die Dörfer dort mehr als einen Meter unter Wasser, allein auf niederländischer Seite verursachte das Schäden in Höhe von 200 bis 300 Millionen Euro. Über 5.500 Wohnhäuser wurden beschädigt und Tausende mussten evakuiert werden. Die Schäden jener Jahre gaben letztlich den Ausschlag, die Ideen aus dem Plan Ooievaar – angepasst an die örtlichen Gegebenheiten – in die Tat umzusetzen.
An der Grenzmaas zwischen Maastricht und Maaseik waren die Voraussetzungen für die Renaturierung besonders gut, denn es gibt auf diesem Teilstück zwischen den Niederlanden und Belgien keinen Konflikt mit der Schifffahrt – die war in den 1930er-Jahren komplett auf parallel verlaufende Kanäle verlagert worden. Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit auf behördlicher Ebene wurde intensiviert und mit dem «RivierPark Maasvallei» (FlussPark Maastal) hat man einen Ort geschaffen, an dem Gemeinden, NGOs und Landbewirtschafter aus beiden Ländern regelmäßig zur Abstimmung zusammenkommen.
Ein Deal mit der ungeliebten Kiesindustrie
Schließlich begannen die Vorarbeiten: Anhand alter Karten rekonstruierten Expertinnen und Experten den ehemaligen Flussverlauf, was gemeinsam mit hydrologischen Studien die Grundlage für die Umbaupläne schuf. Schnell wurde klar, dass längs vieler Flusskilometer Steilufer und meterdicke Sedimentschichten abgebaggert werden mussten, um dem Wasser wieder Raum zum Ausweichen zu geben. Aber wer sollte die aufwendigen Erdarbeiten bezahlen, wer die betroffenen Grundstückseigentümer entschädigen? Es lag nahe, hierfür die Erlöse aus dem anfallenden Kies und Sand zu nutzen – Sedimente, die der Fluss über Jahrtausende an den Ufern abgelagert hatte.
Wie hier früher Kies gewonnen wurde, das war Raubbau an der Natur.
Die Anwohnerinnen und Anwohner waren jedoch misstrauisch, denn schließlich hatten sie bislang eher schlechte Erfahrungen mit der Kiesindustrie gemacht: «So wie hier nach dem Zweiten Weltkrieg Kies gewonnen wurde, das war Raubbau an der Natur», meint Hettie Meertens, die das Gebiet seit den 1980er-Jahren kennt und seit den 1990ern mit ARK das Flussrenaturierungsprojekt mit angestoßen hat. Berühmt-berüchtigt seien die Kiesgruben in Roermond gewesen, wo über drei Jahrzehnte hinweg bis zu 30 Meter tief gebaggert wurde. «Die Bevölkerung hatte rein gar nichts davon», berichtet Meertens, «man hat einen Zaun drumherum gezogen und die Leute haben nur Lärm und Staub gesehen.»
Verständnis und Vertrauen aufbauen
Diesmal wollte man es besser machen. Bis der Startschuss für das Projekt fallen konnte, sollte es allerdings noch einige Jahre dauern, denn die Vorstudien, die Beteiligung der Bevölkerung und die Verhandlungen zwischen Behörden, Gemeinden, Naturschutzverbänden und der Kiesindustrie zogen sich hin. Die Naturschutzverbände begannen schließlich damit, kleinere Pilotprojekte umzusetzen, und organisierten Hunderte von Vorträgen, Schulausflügen und Führungen an der Maas.
Viele wussten gar nicht, wie ein natürlicher Flusslauf aussieht.
Einmal fuhr man mit Entscheidungsträgern sogar an den Allier nach Frankreich, um ihnen einen Fluss mit natürlicher Dynamik zu zeigen. «Viele hatten gar keine Vorstellung davon, wie ein natürlicher Flusslauf aussieht», erinnert sich Meertens. «Wir haben schon 1989 gesagt, wir fangen einfach mal mit ein paar kleineren Flächen an, um zu zeigen, wie das aussehen könnte.»
Nach langen Verhandlungen stimmten die Kiesunternehmen schließlich zu, dass sie als Gegenleistung für großflächige und langjährige Abbaurechte den Löwenanteil der Kosten für die Flussrenaturierung tragen würden. «Sie sahen darin auch die Chance, ein neues Verhältnis zur Bevölkerung aufzubauen», so Meertens. Schließlich wurde im Jahr 2005 auf niederländischer Seite das «Consortium Grensmaas» als Projektverbund von staatlichen Behörden, Naturschutzverbänden, Gemeinden und Kiesindustrie gegründet und der Projektplan bis Ende 2027 festgezurrt. Das Konsortium steht in ständigem Austausch mit der belgischen Seite, wo die Renaturierungsmaßnahmen bereits 2006 begonnen haben. Dort verfolgt man dieselben Ziele, setzt dabei jedoch auf kleinere, schneller durchzuführende Einzelprojekte.
Die Kosten für den Rückbau der Flussregulierungen belaufen sich bis heute auf 700 Millionen Euro. Konkret wird der Fluss auf einer Länge von knapp 50 Kilometern an dreizehn Abschnitten aufgeweitet. Der Kies- und Sandabbau wird so koordiniert, dass dadurch das Flussbett verbreitert, Sommerdeiche abgegraben, Ufer abgeflacht und alte Nebenarme wiederbelebt werden. Die Baggerschaufeln fördern rund 4,5 Millionen Tonnen pro Jahr, der Kies von der Grenzmaas deckt rund ein Viertel des Gesamtbedarfs der Niederlande.
Eine riesige Wanderbaustelle
Die Renaturierungsarbeiten begannen nördlich von Maastricht und verlagerten sich nach und nach flussabwärts. Elf der dreizehn bis 2027 geplanten Baustellen auf der niederländischen Flussseite und etliche weitere auf belgischer Seite sind bislang abgeschlossen. Der belgische Fließgewässerökologe Kris Van Looy von der flämischen Umweltbehörde OVAM schätzt, dass durch das Projekt auf beiden Flussseiten nach und nach rund 3.000 Hektar renaturierte Flächen entstehen. Eine derart umfangreiche Wiederherstellung des Flussbetts und der Auen sei bei einem Fluss dieser Größenordnung weltweit einmalig, sagt Van Looy, der in den 1990er-Jahren die Pläne auf belgischer Seite mitentwickelt hat und das Projekt seither wissenschaftlich begleitet.
Auch in Deutschland gibt es einige erfolgreiche Flussrenaturierungen, etwa an der Havel, Isar und Elbe oder an der Emscher zwischen Dortmund und Duisburg. Dennoch sieht das Umweltbundesamt 92 Prozent der Flüsse und Bäche in Deutschland in keinem guten ökologischen Zustand. Es wäre also auch hierzulande noch viel Arbeit nötig, um die Flüsse wieder aus ihrem menschengemachten Korsett zu befreien.
Klima- und Hochwasserschutz Hand in Hand
Eine renaturierte Flusslandschaft kann nicht nur deutlich mehr Wasser aufnehmen, sondern speichert durch Pflanzenwachstum und Bodenbildung auch zusätzliches CO2. Der Fluss verändert ständig seinen Lauf, dadurch bilden sich immer wieder neue Bereiche, in denen sich organische Stoffe und Feinsedimente ablagern und so zur Kohlenstoffspeicherung beitragen. Van Looy kalkuliert, dass die jährliche Klimaschutzwirkung durch die wiederbelebten Maas-Auen dem Treibhausgasausstoß einer größeren Stadt wie etwa Lüttich entspricht. Zudem kühlen intakte Auen und Wälder ihre Umgebung durch Verdunstungskälte und helfen damit bei der Anpassung an den Klimawandel, sagt der Flussexperte.
Seine Bewährungsprobe bestand das Flussprojekt Grenzmaas beim Jahrhunderthochwasser im Juli 2021. «Solche Wassermengen mitten im Sommer hatten wir noch nie gesehen», erinnert sich Hettie Meertens. Doch während die Katastrophe im nahe gelegenen Ahrtal ihren Lauf nahm, blieben die Dörfer an der Maas trocken. Die neu geschaffenen Überflutungsflächen und die stellenweise erhöhten Winterdeiche zeigten, dass die Berechnungen der Wasserbauer richtig waren. Mancherorts wurden trotzdem landwirtschaftlich genutzte Flächen überschwemmt und an einigen Stellen war es ziemlich knapp, sodass dort über eine weitere Erhöhung der Deiche diskutiert wird. Unterm Strich hat die renaturierte Maas jedoch bewiesen, dass sie genug Rückhalteräume auch für große Wassermengen bietet.
Die Artenvielfalt kehrt zurück
Früh an einem Maimorgen an der Maas bei Itteren, unweit nördlich von Maastricht. Die Sonne versucht bislang vergeblich, den dünnen Morgennebel zurückzudrängen, ein Kuckuck fliegt über den Fluss und entschwindet hinter den großen Bäumen jenseits des Deichs. Ein paar Meter weiter weicht der Damm zurück und das flache Ufer öffnet sich zu einer weiten Ebene. Zwei Anwohner führen ihre Hunde spazieren, Seeschwalben stoßen ins Wasser und ein einsamer Jogger genießt die kühlen Morgenstunden. Mit dem Fernglas lässt sich auf der belgischen Flussseite eine Kormorankolonie in den hohen Bäumen des Auwalds beobachten, aber kein Laut des hektischen Treibens dort ist über die Distanz zu hören. In der ausgedehnten Flussschleife entstand durch die Renaturierung eine Auenfläche von rund 200 Hektar Größe, die große Wassermengen aufnehmen kann und auf der sich Biber und Eisvogel wohlfühlen.
Raum für Entwicklung statt Konservierung
«Wir haben uns im Naturschutz zu lange darauf verlegt, nur bestimmte Arten und Standorte zu schützen», sagt Meertens. «Das mag stellenweise sinnvoll sein, aber was wir viel mehr brauchen, ist ein Prozess- und Landschaftsschutz, der in großen Gebieten die natürliche Dynamik und die Kreisläufe der Ökosysteme unterstützt.» Unter einem solchen Prozessschutz verstehen Ökologinnen und Ökologen das Zulassen von natürlichen Entwicklungsprozessen über lange Zeiträume. Man beobachtet also eher, was die Natur macht, wenn man sie sich selbst überlässt, anstatt unter hohem Pflegeaufwand bestimmte Ist-Zustände zu konservieren, wie es der klassische Naturschutz versucht. Was das bedeutet, kann man in naturnahen Flusslandschaften wie an der Grenzmaas besonders gut beobachten: Der stetige Wechsel von Wasser, Kies, Sand, Pflanzen und Tieren sorgt für eine außergewöhnliche Artenvielfalt, die sich ständig weiterentwickeln und verändern kann.
Zugewanderte Arten sind per se nichts Negatives für Artengemeinschaften.
Es wäre auch ein Trugschluss, zu glauben, dass wir die Zeit zurückdrehen und die Flüsse wieder vollständig in ihren «ursprünglichen» Zustand versetzen könnten. Zum einen wissen wir oftmals gar nicht genau, wie die Flussökosysteme früher aussahen. Zum anderen haben sich die Artengemeinschaften durch neu zugewanderte Arten schon so stark gewandelt, dass «sie eher einer multikulturellen Lebensgemeinschaft gleichen», wie es der Gewässerökologe Klement Tockner in einem Podcast der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung ausdrückt. Das sei nicht per se etwas Negatives, so Tockner, denn viele der neu zusammengesetzten Lebensgemeinschaften erfüllten ähnliche Funktionen – aber es würden eben auch Arten völlig verschwinden.
An der Grenzmaas hat sich im Laufe des begleitenden Biodiversitäts-Monitorings gezeigt, dass neu hinzugekommene Arten in einem gesunden Flussökosystem mit vielen ökologischen Nischen und einer intakten Flussdynamik wenig Chancen haben, über längere Zeit die Kontrolle zu übernehmen. Der im Uferbereich wuchernde Japanische Staudenknöterich oder das Indische Springkraut etwa werden vom Hochwasser und durch Weidetiere im Zaum gehalten und die Körbchenmuscheln aus Asien machen sich nützlich, indem sie das Wasser reinigen und im Winter vielen Wasservögeln als Nahrung dienen.
Weidetiere als Landschaftsgärtner
Auch die Beweidung der Auen mit halbwilden Rindern und Pferden ist ein wichtiger Bestandteil der Flussrenaturierung. Die Weidetiere sind das ganze Jahr in der Natur und brauchen weder Unterstand noch Zufütterung. Sie fressen selektiv und formen dadurch die Landschaft. Vor allem im Winter knabbern sie gerne an jungen Bäumen und Sträuchern und verhindern so das Entstehen dichter Wald- oder Buschgebiete. Und wenn auf den offenen Flächen im zeitigen Frühjahr die ersten Gräser sprießen, weiden sie diese ab und sorgen dadurch für eine große Vielfalt an Blütenpflanzen. Mit ihrem Mist düngen sie den Boden und versorgen Mistkäfer mit Nahrung. Über ihre Verdauung oder über ihr Fell und ihre Hufe werden Pflanzensamen verbreitet und beim Wälzen und Scharren entstehen offene Bodenstellen, in denen Sandbienen nisten. Kurz: Die großen Weidetiere spielen eine wichtige ökologische Rolle und sind darüber hinaus die Aushängeschilder und Sympathieträger für das Projekt Grenzmaas.
Verlasst die Wege, klettert auf Bäume, stürzt euch in die Natur!
Die direkte Kommunikation mit der Bevölkerung sei ein entscheidender Faktor für den Projekterfolg gewesen, betont Peet Adams vom Consortium Grensmaas: «Wir haben gleich einen kurzen Draht zu den Leuten aufgebaut.» Wenn eine Frage oder ein Problem aufgetaucht sei, habe man sich rasch zu einem Gespräch getroffen und zusammen nach Lösungen gesucht. Heute bewerten 90 Prozent der Anwohnerinnen und Anwohner die Renaturierungsmaßnahmen als positiv und geben an, sich gerne und regelmäßig am Fluss aufzuhalten. Sie schätzen die Ruhe, die Nähe zur Natur und zu den Tieren. Der renaturierte Fluss ist nicht mehr durch Deiche und Steilufer von den Dörfern abgetrennt und bietet vielfältige Möglichkeiten, um in Kontakt mit der Natur zu kommen.
«Uns war das Prinzip des freien Zutritts für die Öffentlichkeit immer sehr wichtig», erläutert Meertens und ergänzt mit einem Lachen: «Ich sage den Kindern immer: Verlasst die Wege, klettert auf Bäume, stürzt euch in die Natur!» Solange sich alle an die Grundregeln halten, ist die Erkundung des Gebiets und die Nähe zur Natur ausdrücklich erwünscht. Und das Angebot wird rege angenommen – mit Kajaks, zu Fuß oder auf dem Fahrrad: Die neu geschaffenen Naturgebiete werden gerne besucht, die gut ausgebaute Infrastruktur aus Rad- und Wanderwegen ermöglicht vielfältige Flusstouren. In der warmen Jahreshälfte sorgen drei Gratis-Fahrradfähren dafür, dass man bequem zwischen der belgischen und der niederländischen Flussseite wechseln kann.
Wachsende Einnahmen durch Ökotourismus
Die niederländische Provinz Limburg war früher hauptsächlich für das idyllische Hügelland östlich von Maastricht bekannt, doch immer mehr Besucherinnen und Besucher interessieren sich nun auch für den Fluss. Laut einer Studie der Transnationalen Universität Limburg im belgischen Hasselt kommen im Jahr über eine Million Ökotouristen an die Grenzmaas – was zu einer Wertschöpfung von rund 25 Millionen Euro führt. Tourismus und Erholung sind wichtige Wirtschaftszweige in Limburg und konnten von der Renaturierung profitieren: Die Umsätze in diesem Bereich liegen jährlich bei über einer Milliarde Euro.
Flussrenaturierungen verbinden Mensch und Natur, sorgen für Hochwasserschutz, kurbeln den Tourismus an und fördern Artenvielfalt und Klimaresilienz: Das Großprojekt an der Grenzmaas zeigt, wie es gehen kann. Doch angesichts der fortschreitenden Klimaerwärmung wird es – auch andernorts – immer dringender, unsere Flusslandschaften zukunftsfähig zu gestalten. «Wir müssen auf dem eingeschlagenen Weg weitergehen und diesen wunderbaren Fluss intelligent bewirtschaften, also sicher und ökologisch zugleich», fordert Meertens. Sie und die Mitstreiterinnen und Mitstreiter auf beiden Flussseiten haben dazu noch viele Ideen – und planen bereits die nächsten Renaturierungen weiter flussabwärts.
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