Wärmewende

Die EWS bauen ihre Wärmenetze weiter aus. Die Gemeinde Steinen ist dabei Vorreiterin – sowohl beim Tempo als auch in Bezug auf die Klimafreundlichkeit der Wärmeversorgung.

Wärmewende im Wiesental

Es war eine Hochzeit mit Hindernissen, die am 9. November 2023 endlich vollzogen werden konnte: Das Nahwärmenetz der Gemeinde Steinen im Landkreis Lörrach wurde mit dem neuen Netz des Ortsteils Höllstein verbunden – über eine Leitung, die unter der Bundesstraße 317, dem Flusslauf der Wiese sowie der Bahntrasse verlegt werden musste. In diesem letzten Abschnitt aber verbargen sich die Hindernisse der «Hochzeit», wie die Zusammenführung zweier Wärmenetze auch gerne genannt wird. Zwar verlief die schwierige Spülbohrung unter der Straße und dem Flussbett problemlos. Doch bei der Pressbohrung zur Unterquerung der Bahntrasse war der Bohrkopf stecken geblieben.

Erst mit deutlicher Verzögerung konnten die Arbeiten schließlich erfolgreich abgeschlossen werden. So konnten am Ende fast genau zwei Jahre nach Baubeginn die angeschlossenen Haushalte in Höllstein – gerade rechtzeitig zur Heizperiode - mit nachhaltig produzierter Nahwärme versorgt werden. Fünfzehn Gebäude waren in Höllstein vorübergehend an eine mobile Heizzentrale angeschlossen worden, um während der Sommermonate vor allem die Warmwasserversorgung sicherstellen zu können.

Deutliche Erhöhung der EWS-Wärmekund:innen

Das gesamte Wärmenetz in Steinen ist damit von zuvor 3.413 Metern um etwa 6.000 auf 9.400 Meter angewachsen. Auch die Zahl der EWS-Wärmekund:innen konnte deutlich erhöht werden. 168 Hausanschlüsse wurden bis Jahresende 2023 in Höllstein verlegt, ein Großteil davon wird schon in den nächsten Jahren auf die Nahwärmeversorgung umsteigen. «Und für die Jahre 2024 und 2025 rechnen wir im 2. Bauabschnitt mit weiteren 175 Hausanschlüssen in Höllstein», sagte Thomas Wunderle, Bereichsleiter Wärmenetze bei der Elektrizitätswerke Schönau Netze GmbH. Die hohe Nachfrage hat mehrere Gründe: Die von den EWS bereitgestellte Wärme ist klimafreundlich und effizient. Und weil sie vor allem aus heimischem Holz sowie in geringerem Umfang aus Kraft-Wärme-Kopplung gewonnen wird, ist die Versorgung zudem unabhängiger vom Weltmarkt und seinen wachsenden Unsicherheiten.

«Uns bestärkt die hohe Nachfrage darin, das Nahwärmenetz in Steinen weiter auszubauen», betont Wunderle. «Für die kommenden beiden Jahre haben wir sowohl einen Ausbau im Bereich Kirchstraße und Schloßstraße geplant als auch im Bereich Häfnetstraße und Birkenweg – und wenn das Interesse so hoch bleibt, gibt es in Steinen noch weitere Ausbaupotentiale.» Angesichts der umfangreichen Erweiterung in Höllstein und der Ausbaupläne in Steinen werden schon bald weitere Wärmequellen für das wachsende Nahwärmenetz benötigt. «Wir erleben hier hautnah», so Wunderle, «welche Dynamik die Wärmewende entwickeln kann. Steinen und Höllstein sind Vorbilder und Vorreiter bei der klimafreundlichen Wärmeversorgung.»

Bereits im Jahr 2012 wurde ein kleines Wärmenetz zur Versorgung der kommunalen Gebäude rund um das Rathaus und das Schulzentrum errichtet, das in den folgenden Jahren kontinuierlich erweitert und unter anderem auf das Neubaugebiet Alte Weberei ausgedehnt wurde. Im Ortsteil Höllstein wurde 2018 im Auftrag der Gemeinde ein Quartierskonzept erstellt, bei dem ein großer Teil der Bürger:innen Interesse an einem Nahwärme-Anschluss bekundete. Im Oktober 2021 erfolgte schließlich der Baubeginn des Netzes in Höllstein.

Wichtiger Beitrag zur Wärmewende

Schon jetzt leistet das Wärmenetz Steinen damit einen großen Beitrag zur Begrenzung des Klimawandels. Denn im Vergleich zu einer Versorgung mit Heizöl führt das Wärmenetz Steinen zu einer Reduktion der Treibhausgasemissionen um etwa 1.178 Tonnen C02 pro Jahr. Momentan wird die Wärme in Steinen – jährlich derzeit rund 4.550 Megawattstunden (MWh) – vorwiegend aus Holzenergie gewonnen, ergänzt durch einige Blockheizkraftwerke (BHKW) sowie – in den Verbrauchsspitzen an sehr kalten Wintertagen – durch Gas- und Ölkessel.

Mit dem Ziel, die Wärmeversorgung bis zum Jahr 2030 auf mindestens 98 Prozent zu dekarbonisieren, werden Gas- und Ölkessel, großteils auch BHKW durch vollständig regenerativ erzeugende Wärmequellen ersetzt. Hierzu ist die Errichtung einer weiteren Heizzentrale bereits in Planung. Dort könnten dann regionale Holzhackschnitzel, aber ggf. auch Abwärme und Solarthermie genutzt werden. Besonders innovativ: Die EWS prüfen aktuell die Nutzung der sogenannten Pyrolysetechnik. Dabei wird aus Holzhackschnitzeln Wärme für das Wärmenetz gewonnen, jedoch in einem weiteren Prozessschritt zusätzlich wertvolle Biokohle erzeugt.

Diese kann Kohlenstoff langfristig binden, bildet damit einen klimafreundlichen Kohlenstoffspeicher und ist begehrter Rohstoff für viele Anwendungen. In der Landwirtschaft dient Biokohle beispielsweise zur Bodenverbesserung, indem sie den Humusgehalt im Boden und damit die Bodenfruchtbarkeit erhöht. Auch als Beimischung in Baumaterialien oder als Filterstoff in der Abwasserreinigung kann Biokohle sinnvoll eingesetzt werden.

Ob Pyrolyse in der neuen Heizzentrale zum Einsatz kommt, wird zurzeit noch geprüft. In jedem Fall aber wird die schon jetzt sichere und klimafreundliche Wärmeversorgung in den nächsten Jahren weiter verbessert. Die Nahwärme liefert somit einen beträchtlichen Beitrag zur Wärmewende – nicht nur im Wiesental.