Der Begriff Suffizienz steht im energiepolitischen Kontext dafür, dass die Grundbedürfnisse nach Energie gedeckt werden – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Die (erneuerbare) Energie ist dabei nicht der vorrangig limitierende Faktor, sondern die Rohstoffe und Ressourcen, die auch beim Einsatz der Erneuerbaren Energien insgesamt benötigt werden.
Eine Suffizienzpolitik umfasst die Gesamtheit politischer Maßnahmen und Alltagspraktiken, die dazu beitragen, die Nachfrage nach Energie, Material, Fläche und Wasser auf ein Maß zu reduzieren, dass die Befriedigung von Grundbedürfnissen innerhalb der planetaren Grenzen ermöglicht (siehe dazu auch dieser Artikel). Das dies grundsätzlich möglich ist, zeigt etwa das Umweltbundesamt in der unten aufgeführten Studie. Im «Green Supreme»-Szenario wird ein treibhausgasneutrales Deutschland beschrieben, das Primärrohstoffe in einem nachhaltigen Maß in Anspruch nimmt.
Suffizienz im Alltag leben
Anders formuliert: Je stärker die Nachfrage nach Energie/Strom (trotz Sektorenkopplung) niedrig gehalten wird, desto leichter kann ein vollständig auf erneuerbare Energien ausgerichtetes System erreicht werden. Insbesondere die Senkung des Endenergiebedarfs ist dabei von zentraler Bedeutung. Konkret übertragen auf den einzelnen Haushalt heißt dies zum Beispiel, die Anzahl an Geräten oder Anwendungen zu reduzieren bzw. überschaubar zu halten. Lieber hochwertige, Strom sparende Geräte als eine hohe Anzahl, bei denen man den Überblick verliert und die regelmäßig ausgetauscht werden müssen. Was benötigen wir wirklich für «das gute Leben»? Welche und wie viele Geräte brauchen wir tatsächlich?
Der Verzicht auf Produkte, die unnützerweise und dann womöglich noch in einer «vernetzten Bereitschaft» stehen, spart zusätzlich Strom ein. Und das ist für die nötige erhebliche Senkung des Endenergiebedarfs erforderlich.
Veränderungen auf gesellschaftlicher Ebene
In vielen Themenfeldern sind einige Veränderungen, zum Beispiel bis zum Jahr 2050, erforderlich:
- Verringerung der Wohnfläche: Der Flächeneinsatz ist in den vergangenen Jahren weiter deutlich gestiegen. Seit 1990 ist die Wohnfläche pro Kopf in Deutschland um erheblich mehr als 35 Prozent gestiegen und beträgt mittlerweile 48 Quadratmeter, so dass sich auch der Ressourceneinsatz und die Flächeninanspruchnahme und die Zersiedelung massiv erhöht hat.
- Mobilität neu denken: Qualität statt Quantität! Ist der jährliche Flug unabdingbar oder reichen vielleicht nicht auch 800 Kilometer zum Urlaubsziel, die man mit Bus und Bahn bewältigen kann?
- Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs: Wenn wie heute in Städten ein Pkw im Durchschnitt ohnehin dreiundzwanzigeinhalb Stunden pro Tag steht und parkt – gibt es dann keine Alternative zum eigenen Auto? Carsharing ist da eine prima Alternative, die nicht nur in Großstädten immer mehr zur Verfügung steht.
- Verkleinerung des Fuhrparks: Weniger Fahrzeuge stoßen, da sie perspektivisch mit E-Antrieb fahren, deutlich weniger Emissionen aus. Doch zu beachten ist: Auch E-Autos benötigen wertvolle Ressourcen (z. B. Primärkobalt für Akkus etc.) und haben derzeit ein beträchtliches Gewicht. Und auch E-Autos benötigen beträchtliche Flächen im kostbaren öffentlichen Raum, sind also somit zwar umwelt-, aber nicht verkehrspolitisch eine Verbesserung. Ein Ziel aus Suffizienz-Gesichtspunkten wäre, dass insgesamt in Deutschland im Jahr 2050 nur noch gut die Hälfte der heutigen Anzahl der PKWs vorhanden ist.
- Verringerung der Viehbestände: Eine Reduzierung der fleischzentrierten Ernährung um über ein Drittel ist durch veränderte Ernährungsgewohnheiten und pflanzenbasierte Ernährung möglich. Auch hier ist der Flächenbedarf ein zentraler Faktor, der für andere Nutzungsarten benötigt wird.
Insgesamt ist eine erhebliche Reduktion des heutigen Gesamtrohstoffbedarfs pro Person um etwa zwei Drittel zu erreichen.
Fotos: Etienne Girardet, Hello I'm Nik auf Unsplash
Weiterführende Literatur
Umweltbundesamt (Hrsg.) (2019): Wege in eine ressourcenschonende Treibhausgasmentalität. RESCUE-Studie: https://www.umweltbundesamt.de/rescue
Insbesondere das «GreenSupreme»-Szenario setzt auf Energieffizienz, Materialeffizienz, Suffizienz, also die Begrenzung des Energiebedarfs auf die Energie-Grundbedürfnisse, die Verringerung der Flächenneuinanspruchnahme sowie die Abkehr vom Wachstum. Insgesamt wurde aus Nachhaltigkeitsgründen in dieser Studie die Lösung ohne CCS (Carbon Capture & Storage), Geo-Engineering und Atomkraft gesucht.