Deutschland ist in seiner Energieversorgung in unangenehmem Maße auf Lieferungen aus Russland angewiesen. Das zeigten die vergangenen Wochen, in denen der Füllstand der hiesigen Gasspeicher ständiges Nachrichtenthema war. Nicht nur, dass weiterhin deutsches Geld die Putinsche Kriegskasse füllt, um seinen verbrecherischen Angriffskrieg zu finanzieren – das Bangen um die Lieferungen durch die Pipeline Nordstream I führte dem Land erneut vor Augen, dass der Diktator mit den Energieexporten ein Druckmittel gegen die EU hat, das er nach Belieben nutzen kann.
Zusätzlich zur rapide eskalierenden Klimakrise ein weiterer Grund, das fossile Zeitalter hinter sich zu lassen! Und erst einmal damit anzufangen, den Bedarf zu senken, anstatt immer neue, klimaschädliche fossile Quellen zu erschließen. Zumal die zu erwartetenden Gaspreise für alle Haushalte ein klarer Anreiz zu sparsamerem Verbrauch sein sollten. Mindestens zehn Prozent des Erdgases, das in Privathaushalten bisher fast selbstverständlich benötigt wird, können mit mehreren einfachen Maßnahmen eingespart werden. Kleine Schritte können sich da schon zu relevanten Beträgen aufsummieren.
Die untenstehenden Tipps haben wir erstmals zu unserer Gasspar-Kampagne veröffentlicht und fassen sie an dieser Stelle noch einmal für alle zusammen, die gegen Krieg, Klimakatastrophe und Kostenexplosion aktiv werden wollen.
Wärme und Heizen
Die Heizung ist der größte Energieverbraucher in der Privatwohnung: Sie macht ca. 70 Prozent des gesamten Energieverbrauchs in der Wohnung aus. Mit diesen Maßnahmen können Sie den Energieverbrauch senken:
Raumtemperatur herabregeln
Eine Senkung der Raumtemperatur um ein Grad kann – je nach baulichem Standard und den spezifischen Rahmenbedingungen – gut 6 Prozent Heizenergie einsparen. Temperaturen von max. 20 Grad in ständig genutzten Wohn- und Arbeitsräumen (dies entspricht der Einstellung 3 auf dem Thermostatregler) sowie 17 Grad in der Küche, im Flur und im Schlafzimmer reichen für viele Haushalte bereits als maximale Temperaturen. Halten Sie die Türen zwischen unterschiedlich warmen Räumen geschlossen. Automatische Thermostatventile helfen, die passende Temperatur zu erreichen – nicht zuletzt auch in Bad und WC, wo nicht den ganzen Tag durchgängig eine hohe Temperatur von 19 Grad benötigt wird.
Thermostate richtig einstellen
Wenn Sie das Thermostat auf die höchste Stufe stellen, wird die Heizung nicht schneller wärmer. Sie erreichen mit der höchsten Stufe nur, dass eine viel zu hohe Temperatur anvisiert wird. Die Einstellung «1» steht für etwa 12 Grad Temperatur, «2» bedeutet ca. 16 Grad und eine «3» steht für eine Zieltemperatur von ca. 20 Grad. Jede höhere Einstellung als 3 ist gleichbedeutend mit einer zu hohen Zieltemperatur!
Wärmestau vermeiden: Heizung nicht zustellen
Staut sich die Wärme, weil Heizkörper durch Möbelstücke verdeckt sind, die Vorhänge bis auf den Heizkörper reichen oder der Optik wegen mit einer Heizkörperverkleidung versehen sind, kann die Wärme nicht mehr so gut im Raum zirkulieren. Im Extremfall sorgen zugestellte Heizkörper für 30 Prozent Energieverlust.
Die «Tag- und Nachtabsenkung» hat einen eingeschränkten Effekt
Wer tagsüber 10 Stunden das Haus verlässt, kann getrost die Temperatur um ein paar Grad herunterregeln, etwa von 20 auf 17 Grad. In der Nacht dürfen es in Wohn- und Arbeitsräumen gerne bis zu vier Grad weniger als tagsüber sein. In der Praxis bringt diese regelmäßige Maßnahme in halbwegs wärmeisolierten Häusern nur wenige Prozentpunkte an zusätzlicher Energieeinsparung ein. Bei wochenlanger Abwesenheit kann am Thermostat die Frostschutzfunktion (ca. 6 Grad) aktiviert werden. Wer ein eigenes Heim und eine moderne Heizungsanlage besitzt, kann gegebenenfalls die Vorzüge der automatischen Nachtabsenkung nutzen.
Luft im Heizkörper vermeiden
Luft im Heizkörper verhindert die gleichmäßige Zirkulation des erhitzten Wassers, deswegen sollten Sie bei Luftgeräuschen (Gluckern) durch Öffnen des Ventils die überflüssige Luft ablassen. Eine regelmäßige Wartung des Heizungssystems hilft weiterhin, Energie bzw. Gas zu sparen.
Heizung optimieren: Hydraulischer Abgleich
In vielen Altbauten mit weit verzweigten zirkulierenden Wärmeverteilsystemen liegen systematische Einsparpotenziale versteckt. Bei einem sogenannten hydraulischen Abgleich werden die Systemelemente der Heizanlage von einer Fachkraft computergestützt optimiert und der Durchfluss so eingestellt, dass jeder Heizkörper die benötigte Temperatur erbringen kann. Übermäßiges Heizen wird somit vermieden. Ob das eine sinnvolle Maßnahme ist, muss für jede Anlage im Einzelfall entschieden werden.
Weitere Informationen:
Warmwasser
Sparsam mit Warmwasser umgehen
Konventionell mit Erdgas erzeugtes Warmwasser ist pro Einheit inkl. aller Kosten im Frühjahr 2022 mindestens nochmal so teuer wie die reinen Wasser- und Abwasserkosten zusammen. Die konkreten Angaben variieren stark. In Deutschland wird von einem Gesamtwasserverbrauch von pro Kopf und Tag im Privathaushalt von 125 Liter (gut 45 m³ pro Jahr) ausgegangen, davon sind grob 50 Liter Warmwasser (knapp 18,5 m³ pro Jahr). Rechnet man alle Kosten zusammen (Wasserkosten, Abwasserkosten, Erwärmungskosten), kommt man aktuell rasch auf erheblich über 12 Euro für den m³ Warmwasser, abhängig von den konkreten örtlichen Begebenheiten.
Wenn das Wasser z.B. mit Erdgas erhitzt wird, kostet ein Kubikmeter (1.000 Liter) Warmwasser schnell – je nach konkreter Warmwassererzeugung und Effizienz – grob 9 Kubikmeter Gas. Ein Warmwasserbedarf von knapp 18,5 m³ pro Kopf und Jahr bedeutet in einer halbwegs effizienten Gaserzeugung rasch über 165 m³ Erdgas (also über 1.650 kWh Wärme) pro Kopf allein für das Warmwasser. Aktuell (Frühsommer 2022) ergäben sich dadurch insgesamt Kosten von knapp 200 Euro pro Kopf und Jahr nur für das Warmwasser und insgesamt mehr als 370 Euro für den Bereich Warmwasser/Kaltwasser/Abwasser pro Kopf und Jahr zusammen. In einer aufwändig verzweigten zentralen Gaserhitzungsanlage ist der Kosten- und Energieaufwand (wegen großer Wärmeverluste im Gesamtsystem) in der Praxis noch erheblich höher.
Bewusstsein für Warmwasserbedarf schärfen
Achten Sie darauf, wie Sie im Alltag (Warm-)Wasser verwenden: Für das Zähneputzen z.B. reicht allgemein kaltes und nur wenig Wasser. Ohne großen Komfortverlust ist i.d.R. ein täglicher Kaltwasserbedarf pro Kopf von 50 Liter (etwas über 18 m³ Wasser pro Jahr) und ein Warmwasserbedarf pro Person von 27,5 Litern (10 m³ Wasser pro Jahr) erreichbar. Dies wären dann insgesamt etwa 28 m³, sprich 28.000 Liter Gesamtwasserbedarf pro Kopf und Jahr im Privathaushalt. Jede Reduzierung von Warmwasser spart in der Erdgas-Realität auch einen erheblichen Anteil an CO2 ein.
Regulieren Sie gezielt die Temperatur des Warmwasserspeichers
Halten Sie die Temperatur der Speicherwärme bei einem normalen Ein- und Zweifamilienhaus in der Regel bei 50 bis 55 Grad C. Falls Sie Legionellen befürchten, schalten Sie zur Sicherheit einmal die Woche 15 Minuten auf etwas über 60 Grad C. Legionellen sind vor allem in großen Gebäuden mit zentraler Wassererwärmung und langen Leitungen (z.B. in Krankenhäusern) ein Thema, eher weniger in Einfamilienhäusern.
Rohrdämmung schützt vor Wärmeverlusten
Umhüllen Sie offenliegende, ungedämmte Warmwasserrohre mit einer Wärmedämmung. Dabei gilt die alte Faustregel: Dämmstoffdicke gleich Rohrdurchmesser.
Warmwasser sparen beim Duschen
Es gibt gute wassersparende Duschköpfe, die zwar den Wasserverbrauch auf 7 Liter/Minute begrenzen, die Duschqualität aber nicht wahrnehmbar vermindern. Dies spart bei gleicher Duschdauer (optimal 4,5 Minuten) im Vergleich zum konventionellen Umgang rasch gut 30 Prozent Gas ein.
Zudem gilt: Nicht zu warm duschen. 36 Grad Wassertemperatur beim Duschen sind schon viel. Ein Grad mehr kostet auch ca. 4 Prozent mehr Gas. Wer täglich einmal so duscht, benötigt bereits in dieser Anwendung deutlich über 60 Kubikmeter Gas (über 600 kWh Wärme) pro Kopf und Jahr.
Duschen statt Baden
Statt z.B. 100 Liter Warmwasser für das Baden (die Kosten allein dafür liegen aktuell bei 1,50 Euro für ein warmes Wannenbad mit relativ wenig Kaltwasser) zu benötigen, können bei kurzen Duschen (und bei der Verwendung von wassersparenden Duschköpfen) leicht drei Viertel der Warmwassermenge (also ca. 75 Liter) eingespart werden.
Hygiene kommt mit wenig Warmwasser aus
Aus hygienischen Gründen braucht man gar nicht täglich duschen – unter dem Stichwort Non-Bathingschwören sogar Hollywood-Stars auf sparsame Körperpflege zugunsten eines natürlichen Gleichgewichts der Haut. Auch der gute alte Waschlappen reinigt und erfrischt sehr gut – mit diesem benötigt man für eine Körperwäsche wiederum nur einen Bruchteil der Wassermenge einer Dusche.
Auch am Waschbecken den Wasserbedarf begrenzen
Herkömmliche Mischbatterien haben in der Regel eine Durchflussmenge von 15 Litern pro Minute. Durch den Einsatz von Durchflussbegrenzern, die in den sogenannten Perlatoren integriert sind, lässt sich die Wassermenge im Schnitt ohne echten Komfortverlust auf rund 5 Liter pro Minute reduzieren.
Kochgas
Deckel für die Töpfe nutzen
Wer ohne Deckel kocht, benötigt bis zu 30 Prozent mehr Gas als mit passendem Deckel, weil die Kochzeit sich entsprechend verlängert.
Passende Gaskochstelle für Kochtopf auswählen
Den Sparbrenner (oft mit einer max. kW-Leistung von 1) für den kleinsten Topf nehmen. Meistens gibt es noch zwei Normalbrenner (mit durchschnittlicher Leistung von jeweils knapp 2 kW Leistung) und einen größeren Brenner (oft an die 4 kW Leistung) für größere Spezialtöpfe wie Wok o.ä.
Ein Gasbackofen hat in der Regel eine max. Leistung von 3 kW. Dosieren Sie die Gasmenge jeweils gezielt nach ihren Ansprüchen.
Erhitzen Sie nicht mehr Wasser als nötig
Kartoffeln und Gemüse müssen nicht im Wasser schwimmen. Zum Garen reichen wenige Zentimeter Wasser im Kochtopf aus. Mit der Verwendung von Schnellkochtöpfen (Dampfdrucktöpfen) sparen Sie zudem bis zu 45 Prozent Gas und entsprechend Koch- bzw. Garzeit.
Backen mit Gas ist anders als mit Strom
Die Besonderheit: Der Gasofen arbeitet ausschließlich mit Unterhitze, so dass der Gasherd nur von unten her warm wird. Wann immer möglich, verwenden Sie Gitterbleche. Die Temperatur ist gegenüber den Angaben in Rezepten bei Gas immer etwas zu reduzieren. Die Nähe zur Gasflamme ist beim energieeffektiven Backen von prägender Bedeutung. Nach etwa der Hälfte der Backzeit am Besten die Backform um 180° drehen, so dass vorn und hinten eine vergleichbare Hitze wirken kann (Hintergrund: die meisten Gasbacköfen heizen hinten stärker als vorn an der Türnähe). Wenn Sie im Gasherd Brot backen wollen, sollten Sie am Besten eine Kastenform verwenden. Die Kruste auf der Oberseite wird im Vergleich weniger gebräunt als bei einem Elektroherd.
Tipps zusammengestellt von Matthias Hinnecke
weiterführende links
- CO2Online
- Energiewechsel (Kampagne des BMWK)
- Energiesparkommissar (YouTube)
- Bund der Energieverbraucher