Politik und Gesellschaft

Das gezielte Verbreiten von Falschinformationen hat in den vergangenen Jahren zugenommen. Ein großes Problem auch für den Klimaschutz und kommende Wahlen wie die Europawahl.

Die Gefahr von Desinformation und der richtige Umgang damit

Ob im Zuge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, der Klimawandelleugnung oder der Beeinflussung von Wahlen: Desinformation stellt unsere Gesellschaft und Demokratien vor eine große Herausforderung. Damit gemeint ist die gezielte Verbreitung falscher oder irreführender Informationen. Diese sind darauf ausgelegt, die öffentliche Meinung im Sinne bestimmter politischer, wirtschaftlicher oder gesellschaftlicher Interessen zu manipulieren und Verwirrung zu stiften sowie Schaden anzurichten. Dabei rücken auch die kommenden Wahlen in Europa und Deutschland ins Visier. Desinformation ist häufig darauf angelegt, das Vertrauen der Bürger:innen in den demokratischen Wahlprozess zu unterminieren. In den USA konnten wir bei der letzten US-Präsidentschaftswahl sehr gut sehen, wie gefährlich und schädigend das für die Demokratie sowie das Vertrauen in staatliche Institutionen sein kann.

Zur Verbreitung werden verschiedenste Medien und Plattformen genutzt, wobei Social Media wie X oder TikTok dabei eine immer größere Rolle eingenommen haben. Auch schon ganze Nachrichtenseiten wurden geklont, wie das Beispiel einer breit angelegten russischen Desinformationskampagne im Zuge des verbrecherischen Angriffskriegs gegen die Ukraine zeigt. Solche Desinformationskampagnen dienen dazu, gezielt und systematisch bestimmte Narrative zu etablieren und die öffentliche Wahrnehmung zu beeinflussen. Damit verbunden kommt verstärkt auch Künstliche Intelligenz (KI) zum Einsatz.

Die Gefahr, die von Desinformation ausgeht, ist den Bürger:innen sehr bewusst, wie eine repräsentative Befragung der Bertelsmann-Stiftung in Deutschland und den USA zeigt. Dabei betonten 81 Prozent, dass es sich bei Desinformation um ein reales Problem handle, das eine Gefahr für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Demokratie darstellt. Und immerhin 67 Prozent zeigten sich darüber besorgt, dass damit der Ausgang von Wahlen beeinflusst werden könnte. Das ist kein guter Befund im Superwahljahr 2024 und im Vorfeld der Europawahl! Denn die durch Desinformation erzeugte Verunsicherung und Faktenverdreherei kann bei den Wähler:innen falsche Vorstellungen über politische Parteien und deren Kandidat:innen erzeugen und ihr Abstimmungsverhalten beeinflussen.

Klimapolitik in Europa steht auf dem Spiel

Auch beim Klimaschutz setzen unterschiedliche Akteur:innen auf Desinformation. Immer öfter jedoch nicht mit plumper Klimawandelleugnung, sondern im Gewand einer vermeintlichen Seriosität. Dabei werden gerne verzerrte oder falsche wissenschaftliche Studien und Daten genutzt, die belegen sollen, dass der Klimawandel nicht real oder maßgeblich vom Menschen verursacht sei. Diese werden von angeblichen Expert:innen vorgestellt, um für Glaubwürdigkeit zu sorgen. Das Muster dabei ist immer ähnlich: Durch die Verbreitung falscher Narrative mittels manipulierter Daten und Informationen sollen Zweifel am wissenschaftlichen Konsens zum Klimawandel gesät und notwendige Klimaschutzmaßnahmen verhindert oder eingebremst werden. Auch der systematische Rufmord an Klimawissenschaftler:innen durch sogenannte Ad-hominem-Argumente zählt dazu. Damit sind Scheinargumente gemeint, die nicht auf die Inhalte einer Aussage zielen, sondern die Glaubwürdigkeit und Kompetenz einer Person unterminieren sollen.

Mit Blick auf das Superwahljahr kann das zu einem echten Problem bezüglich der Bewältigung der Klimakrise und der Beschleunigung der Energiewende werden. Wenn also ein nicht unerheblicher Teil der Wähler:innen wegen Desinformationskampagnen solchen Politiker:innen und Parteien ihre Stimme gibt, die notwendige klimapolitische Maßnahmen blockieren oder verzögern wollen – so wie die AfD, die in aktuellen Umfragen mehr Zustimmung erhält als bei der letzten Europawahl. Ein wichtiger Akteur bei der damit verbundenen Verbreitung von Desinformation ist das Europäische Institut für Klima und Energie (EIKE).

Dieses wurde von LobbyControl genauer unter die Lupe genommen. So vertritt EIKE in seinem Grundsatzpapier Klima etwa die Verschwörungserzählung, dass die Klimawissenschaft politisch und ideologisch instrumentalisiert worden sei. Ins Parteienspektrum hinein ist der Verein demnach besonders mit der AfD verflechtet. Der Journalist Erik Klügling hat dazu im Volksverpetzer einen lesenswerten Gastbeitrag veröffentlicht, in dem er u. a. feststellt: «AfD-Mitglied und EIKE-Vize Michael Limburg tüftelte am Klimaprogramm der AfD mit und arbeitet im Büro des AfD-Bundestagsabgeordneten Karsten Hilse. Hilse ist klimapolitischer Sprecher der AfD und einer der radikalsten Klimawandel-Leugner im Bundestag.»

Häufige Desinformations-Tricks von Wissenschaftsleugner:innen hat klimafakten.de gemeinsam mit SkepticalScience.com mittels einer Grafik veranschaulicht. Dabei werden Grundstrategien bei Desinformationskampagnen aufgezeigt, die der australische Wissenschaftler John Cook mit dem Kunstwort F-L-I-C-C entwickelt hat. Ins Deutsche übertragen wurde daraus P-L-U-R-V: Pseudo-Experten, Logik-Fehler, Unerfüllbare Erwartungen, Rosinenpickerei sowie Verschwörungsmythen:

(Zum Vergrößern bitte auf die obige Grafik oder hier klicken!)

Um gegen Falschinformationen von solchen Akteur:innen besser gewappnet zu sein, ist es sehr wichtig, die Quelle von Informationen kritisch zu hinterfragen und Angebote zu nutzen, die dabei helfen, Desinformation zu erkennen.

Mittel gegen Desinformation

Doch wie ist es möglich, sich besser davor zu schützen, Opfer von Desinformation zu werden? In erster Linie kommt es darauf an, eine kritische Medienkompetenz zu entwickeln. Dazu zählt die Ausbildung der Fähigkeit, die über verschiedene Medien verbreiteten Informationen kritisch zu hinterfragen, zu analysieren und zu bewerten. Wichtig ist es zudem, zwischen Fakten und Meinungen unterscheiden zu können. Diese Kompetenzen müssen bereits in der Schule vermittelt werden, da auch junge Menschen schon früh in der digitalen Welt unterwegs sind und sich mit Desinformation konfrontiert sehen.

Ein konkretes Hilfsmittel in der alltäglichen News-Flut sind sogenannte Faktenchecker. So haben es sich immer mehr Akteure in Medien und Zivilgesellschaft zur Aufgabe gemacht, Falschinformationen im Netz zu identifizieren und richtigzustellen. Der Medienbildungshub des Grimme-Instituts hat einige von diesen mal genauer unter die Lupe genommen. Das Fazit:

«Wer es kurz und sachlich haben möchte, kann den dpa-Faktencheck nutzen, wer es eher bunt und zugespitzt, gelegentlich auch provokativ mag, den inhaltlich guten Volksverpetzer. Die weiteren fünf Faktenchecker – der faktenfinder“ der ARD, der #Faktenfuchs des Bayerischen Rundfunks, der CORRECTIV.Faktencheck, der AFP-Faktencheck und der Faktencheck der Deutschen Welle – sind ebenso sachlich gehalten wie der dpa-Faktencheck, allerdings zumeist deutlich ausführlicher.»

Ganz wesentlich ist es auch, seriöse von unseriösen Nachrichtenquellen unterscheiden zu können und sich breit zu informieren, also diverse Quellen zu nutzen und abzugleichen. So kann man eine gute Faktenbasis für eine fundierte Entscheidungsfindung erzielen. Hier mal ein Überblick, welchen Nachrichtenquellen die Bürger:innen am meisten vertrauen. Und hier eine Top-Ten der unglaubwürdigsten Nachrichtenseiten. Sehr empfehlenswert ist es damit verbunden auch, beispielsweise in den Social Media unter den Postings von Menschen, die gezielt oder unbewusst Desinformation (weiter-)verbreiten, darauf aufmerksam zu machen und/oder diese Beiträge direkt zu melden. So werden auch andere Nutzer:innen auf Falschinformationen hingewiesen oder diese von der Plattform eingeschränkt bzw. gelöscht.

Es reicht jedoch nicht aus, dass sich der Einzelne proaktiv gegen Desinformation rüstet. Vielmehr braucht es zugleich eine verstärkte Aufklärungsarbeit und konkrete Maßnahmen seitens der Politik, um strukturell dagegen vorzugehen. Das beinhaltet, die Tech-Konzerne mehr in die Verantwortung zu nehmen und den Ablauf demokratischer Wahlen wie die zum EU-Parlament gegen Manipulationsversuche effektiv zu schützen. Beim erfolgreichen Kampf gegen Desinformation müssen also verschiedene Rädchen ineinander greifen.

Gut informiert bei der Europawahl

Schon in wenigen Tagen findet die Europawahl statt. Die EWS sprechen zwar keine explizite Wahlempfehlung für bestimmte Parteien aus. Jedoch werben wir dafür, demokratische Parteien mit ambitionierten Programmen zu Klimaschutz und Energiewende zu wählen. Auch angesichts der Verbreitung von Falschinformationen möchten wir Ihnen ans Herz legen, zuvorderst die jeweiligen Wahlprogramme der Parteien zu checken und/oder sich im direkten Gespräch mit deren Kandidat:innen zu informieren. Darüber hinaus dienen Wahlchecks als gute Orientierung für die eigene Meinungs- und Willensbildung. Hier eine kleine Auswahl:

  • Wahl-O-Mat
    Wahlentscheidungshilfe der Bundeszentrale für politische Bildung
     
  • Klimawahlcheck
    Online-Tool der Klima-Allianz Deutschland und anderen
     
  • Science-O-Mat
    Wahlcheck zu Klima und Nachhaltigkeit der Scientists for Future


Auf diese Weise gehen Sie gut informiert an die Wahlurne! Und falls Sie passend dazu unser Europa-Quiz noch nicht kennen, dann klicken Sie jetzt hier.


Nachweis Titelbild:

  • Urheber: MclittleStock
  • Quelle: Adobe Stock (Asset-ID-Nr.: 181605658)

 

Klimaschutz braucht Demokratie!

Für den Klimaschutz ist das Superwahljahr 2024 ein ganz entscheidendes. Ob auf kommunaler, nationaler oder europäischer Ebene – die Zusammensetzung der Parlamente entscheidet über Fortschritt oder Rückschritt beim Klimaschutz. 
Es liegt an uns, der aktiven Zivilgesellschaft, die Zukunft von Demokratie und Klimaschutz zu verteidigen. 

Mehr erfahren