Insekten summen, Blüten sprießen, Früchte bilden sich, Vögel bauen Nester und brüten, Eichhörnchen huschen über die Bäume … die Natur ist ständig in Bewegung. Man muss sich nur drauf einlassen, und einen Blick entwickeln für all die kleinen Wunder, die täglich vor unseren Augen geschehen. Genau dazu will die Aktion «Naturtagebuch» Kinder und Jugendliche bewegen, und tut dies mittlerweile seit dreißig Jahren mit großem Erfolg. Seinerzeit von Ehrenamtlichen der BUNDjugend Baden-Württemberg ins Leben gerufen, hat sich der Wettbewerb seitdem zu einem außerordentlich erfolgreichen Umweltbildungsprojekt entwickelt.
So funktioniert das Naturtagebuch
Die Idee ist ganz einfach: Kinder gehen raus in die Natur, suchen sich ein Stück Wald, eine Wiese, ein Tier oder auch einfach nur einen Baum oder ein Gebüsch aus und beobachten ihr Objekt über einen Zeitraum. Alles, was ihnen auffällt, dokumentieren sie in ihrem Naturtagebuch. Die Umsetzung ist bewusst ohne Vorgaben gehalten, die Kinder entscheiden sich selbst für Form und Darstellung: malen, zeichnen, fotografieren, schreiben, dichten, filmen – alles ist erlaubt! Der Wettbewerb richtet sich an Kinder zwischen 8 und 12 Jahren.
In Baden-Württemberg (und auch in aktuell sieben anderen Bundesländern) können alle Kinder, die ein Naturtagebuch gemacht haben, es immer bis zum 31. Oktober eines Jahres zum Naturtagebuch-Wettbewerb einreichen – sie erhalten es nach der Bewertung natürlich zurück. Jedes Kind, das mitmacht, erhält eine Urkunde und eine kleine Überraschung; die schönsten Tagebücher werden jedes Jahr im Frühling bei einer großen Preisverleihung ausgezeichnet. Die Kinder können ihre Tagebücher allein, mit einer Gruppe oder im Klassenverband erstellen, beim Wettbewerb wird dementsprechend nach diesen drei Kategorien («Einzel», «Gruppe» und «Klasse») unterschieden und bewertet.
«Diejenigen, die als Kind ein Naturtagebuch geführt haben, schließen die Natur ins Herz und setzen sich auch als Erwachsene für sie ein.»
Nachhaltige Liebe zur Natur erwecken
Das aktive Mitmachen und Anpacken sind wesentliche Aspekte des Naturtagebuchs. Auf diese Weise lernen die Kinder die heimische Natur in ihrer Umgebung intensiv kennen und bald auch lieben.
«Als ich mit dem Tagebuch angefangen habe, dachte ich, hier im Garten ist gar nichts los. Jetzt denke ich das Gegenteil», erzählt die zehnjährige Jana. Ein anderer Teilnehmer, der zehnjährige Joel, berichtet: «Das Erstellen des Baumtagebuchs hat mir großen Spaß gemacht. Es war spannend, wie sich ein Baum in einigen Monaten verändert. Mir wäre dies ohne das Tagebuch nicht bewusst geworden. Man schaut einfach anders hin. Er hat zwar viel Zeit gekostet, aber als er fertig war, musste ich mich wirklich selber loben.»
In all den Jahren haben Kinder in ganz Deutschland weit über 10.000 wunderschöne und bewegende Naturtagebücher gestaltet. Am Wettbewerb teilzunehmen ist nicht nur eine spannende Beschäftigung für Kinder, sie hat auch einen nachhaltigen Effekt, wie die langjährige Projektleiterin Ladi Oblak weiß: «Schon beim ersten Durchblättern der Tagebücher können wir jedes Jahr sehen, wie schnell aus dem Entdeckungsdrang der Kinder eine große Faszination für ihr Forschungsobjekt entsteht. Das bestätigen uns auch immer wieder Zuschriften von aktuellen und ehemaligen Teilnehmer:innen des Wettbewerbs: Diejenigen, die als Kind ein Naturtagebuch geführt und voller Stolz bei der BUNDjugend eingereicht haben, schließen die Natur ins Herz und setzen sich auch als Erwachsene für sie ein.»
Mit Manfred Mistkäfer durchs Jahr
Ein weiterer fester Bestandteil des Naturtagebuchs ist das Magazin «Manfred Mistkäfer», benannt nach dem Wettbewerbsmaskottchen. Dieses erscheint viermal pro Jahr begleitend zum Naturtagebuch-Wettbewerb, kann aber auch unabhängig davon abonniert werden. Das Heft bietet jeweils zur Jahreszeit passende Anregungen für Entdeckungstouren in die Natur. Manfred Mistkäfer verrät in jeder Ausgabe praktische Tipps zu Natur-, Umwelt-, und Klimaschutz, dazu gibt es Rätsel, Basteltipps und Rezepte.
Die Redaktion des Magazins besteht aus erfahrenen Biolog:innen und Sozialpädagog:innen, sodass die Inhalte wissenschaftlich korrekt und gleichzeitig kindgerecht aufbereitet sind. Den Ausgaben liegt immer ein Begleitheft für Eltern, Lehrer:innen und Betreuer:innen bei, in dem die Themen des Kinderhefts für Erwachsene aufbereitet und weitere Tipps für das Naturerleben mit Kindern gegeben werden.
«Als ich mit dem Tagebuch angefangen habe, dachte ich, hier im Garten ist gar nichts los. Jetzt denke ich das Gegenteil!»
Gemeinsam für Natur- und Klimaschutz einsetzen
Der Naturtagebuch-Wettbewerb ist also ein toller Weg, um junge Menschen an die Natur heranzuführen und nachhaltige Naturverbundenheit in ihnen zu wecken. Darum zählen die EWS seit vielen Jahren zu den Unterstützern. Bei der Jubiläums-Preisverleihung in Stuttgart im März dieses Jahres richtete Vorstand Sebastian Sladek ein Grußwort an die jungen Entdecker:innen: «Macht weiter so und geht mit offenen Augen durch die Natur! Haltet fest, was sie für Wunder hervorbringt – und werdet laut, wenn ihr Missstände entdeckt. In Zeiten wie diesen ist es wichtiger denn je, dass wir uns alle zusammen noch viel stärker für den Erhalt unserer Natur und den Klimaschutz einsetzen!»
Titelfoto: Preisverleihung im März 2023, v. l. n. r.: Maskottchen Manfred Mistkäfer, Gewinner Julian Gössl (12), Sylvia Pilarski-Grosch (BUNDjugend Baden-Württemberg) und Sabine Renelt (BUNDjugend Baden-Württemberg), Foto: Marlene Kirschbaum