Sitzungssaal der COP28
Klimaschutz

In der ersten COP-Woche wurden acht informelle Vereinbarungen angekündigt und Fortschritte beim «Loss and Damage Fund» gemacht.

COP28: Zwischenbilanz nach einer Woche

Text/Foto: Vladimir Slivyak (Ecodefense), aus Dubai

In den Sitzungsräumen der UN-Klimakonferenz COP28 ist es am Donnerstag still, denn es ist Ruhetag. Am Freitag beginnt die zweite, noch intensivere Verhandlungswoche. Dabei kursiert eine Reihe von Dokumenten mit Dutzenden von möglichen Lösungen, von denen eine ausgewählt werden muss. Es ist gewiss nicht einfach, sich auf eine Variante zu einigen, die allen gerecht wird – aber möglich. Die Entscheidung zur Einrichtung eines Fonds für Schäden und Verluste («Loss and Damage Fund») ist ein deutlicher Hinweis darauf. Die Delegationen haben sich auf die Mechanismen und die meisten Details der Funktionsweise des Fonds einigen können. Durch die Vermittlung der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) wurden bisher mehr als 720 Millionen Dollar dafür zugesagt. 

Aktuell diskutieren die Unterhändler fieberhaft über den Textentwurf für die globale Bestandsaufnahme («Global Stocktake»). Bei der derzeit vorliegenden Version handelt es sich um ein 24-seitiges Papier, das eine Vielzahl von Alternativen enthält. Es soll dokumentieren, was bei der Klimapolitik der verschiedenen Länder geschehen und schiefgelaufen ist. Zugleich soll es Empfehlungen zur Beseitigung der Mängel enthalten. Es wird erwartet, dass der Fahrplan eine Wunschliste enthält, die von der Emissionsreduzierung über die Anpassung der Weltgemeinschaft an die Auswirkungen des Klimawandels bis hin zur Finanzierung reicht.

Energiepaket zum Ausstieg aus fossiler Energie

Der Haupttext, der auf der COP28 diskutiert wird, enthält ein «Energiepaket» mit Zielen für den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen, die Verdreifachung der Nutzung Erneuerbarer Energien und die Verdoppelung der Energieeffizienz. Dabei werden drei Optionen für den Umgang mit fossilen Brennstoffen geschildert: Die erste sieht einen «geordneten und gerechten Ausstieg» vor. Mit «gerecht» ist im UN-Jargon gemeint, dass reichere Länder früher damit beginnen werden als andere, die weniger CO2-Ausstoß zu verantworten haben. In der zweiten Version wird vorgeschlagen, «die Anstrengungen zum Ausstieg aus fossilen Brennstoffen zu beschleunigen». In der dritten Variante wird der Ausstieg dagegen überhaupt nicht erwähnt. Der Textentwurf enthält zudem eine Formulierung, in der ein verstärkter Einsatz von Technologien zur Kohlenstoffabscheidung gefordert wird.

Die EU, die USA und kleine Inselstaaten, die vom Klimawandel bedroht sind, befürworten den schrittweisen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen. In den ersten Tagen der Verhandlungen unterzeichneten mehr als 100 europäische, afrikanische und Inselstaaten dazu eine gemeinsame Erklärung. Saudi-Arabien, Russland, der Iran und mit ihnen die Türkei wollen sich jedoch nicht auf einen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen einigen. Sie werden diplomatisch vom Präsidenten der COP28, Sultan Ahmed Al Jaber, unterstützt. Dieser sagte laut eines Berichts des Guardian übrigens erst kürzlich, dass es «keine wissenschaftlichen Beweise» dafür gebe, dass der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen ein entscheidender Schritt zur Eindämmung des Klimawandels sei.

Aschenputtel am Herd

Bislang standen bei der COP28 die fossilen Brennstoffe im Mittelpunkt. Auf der Abschlussplenarsitzung der ersten Woche beklagten die Entwicklungsländer, dass die Anpassungsverhandlungen deshalb schlecht liefen. In Dubai müssen die Verhandlungen über ein globales Anpassungsziel (die im Vorfeld der COP28 kurz vor dem Scheitern standen) zum Abschluss gebracht und die Mittel dafür aufgestockt werden. Schon vor der COP28 gab es schlechte Nachrichten: Vor einigen Wochen gab die OECD bekannt, dass die Mittel für die Anpassung an den Klimawandel zwischen 2020 und 2021 um 14 Prozent gekürzt wurden. Auf der COP28 wurden dann die Beiträge für den Anpassungsfonds bekanntgegeben. Die Zahlen von Frankreich und Deutschland sind die gleichen wie auf der COP27, während die USA, die EU, das Vereinigte Königreich und Japan noch keinen Beitrag geleistet haben. Dies widerspricht den Vereinbarungen auf der Weltklimakonferenz in Glasgow vor zwei Jahren, die Mittel für die Anpassung bis 2025 zu verdoppeln.

Ein Festival der Lobbyisten

Auf den Straßen von Dubai weisen Plakate auf die Vorteile der Windenergie, die Klimaziele und die CO2-Abscheidungsprojekte der Öl- und Gasunternehmen hin. Wie wir nun wissen, sind auf der COP28 2.456 Personen aus der Kohle-, Öl- und Gasindustrie vertreten - ein neuer Rekord für Lobbyisten der fossilen Industrie! Wären sie ein Land, würden sie die drittgrößte Klimaverhandlungsdelegation stellen.

In der ersten Woche in Dubai wurden acht informelle Vereinbarungen angekündigt – Erklärungen und Chartas zu Klima und Gesundheit, Landwirtschaft und Ernährung, zur Verdreifachung der Erneuerbaren Energien und mehr. Dazu gehört auch eine unerwartete Übereinkunft zum Ausbau der Atomenergie – diese wurde unter dem Deckmantel von Klimainitiativen gefasst. 22 Länder haben sich verpflichtet, ihre Atomkraft-Kapazitäten bis 2050 gegenüber dem Stand von 2023 gemeinsam zu verdreifachen. Solche Initiativen können dazu führen, dass die kollektiven Anstrengungen zur Emissionsreduzierung scheitern. Nicht nur ist Atomenergie sehr teuer und gefährlich, sie ist sehr langsam und wird in absehbarer Zeit nichts zur Emissionsreduzierung beitragen. Wir brauchen konkreten Klimaschutz jetzt, nicht erst 2050!

Eine weitere dubiose Initiative, die Oil & Gas Decarbonization Charter (OGDC), trat auf der COP28 neu in Erscheinung: Insgesamt 50 Öl- und Gasunternehmen unterstützen diese. Darunter sind SaudiAramco (Saudi-Arabien), ADNOC (Vereinigte Arabische Emirate), SOCAR (Aserbaidschan), Bapco Energies (Bahrain), KazMunaiGas (Kasachstan), Uzbekneftegaz (Usbekistan), ExxonMobil (USA), Shell (Großbritannien), Eni (Italien), TotalEnergies SE (Frankreich) und das russische Unternehmen LUKOIL. Internationale Umweltgruppen kritisierten die Versprechen der Ölindustrie. Diese seien «eine Nebelkerze, die von der Realität ablenkt, in der Öl, Gas und Kohle schrittweise aus dem Verkehr gezogen werden müssen».

Heute beginnt die zweite Woche der Klimagespräche. Und Dubai, eingegraben in Ölsandvorkommen, scheint mit seinem Auftreten vermitteln zu wollen, dass alles auf der Welt gekauft und verkauft werden kann. Aber wie wir wissen, kann man Gesundheit und Klima nicht kaufen. Es ist immer noch möglich, die negativen Auswirkungen auf das Klima zu verringern und uns anzupassen, wo wir können. Doch das erfordert eine Menge Geld. Die Teilnehmer:innen der COP28 können in diesem Prozess eine wichtige Rolle spielen, wenn sie in der zweiten Verhandlungswoche gute Arbeit leisten.