Über die Entstehung der EWS wurde viel geschrieben und erzählt – die Stromrebellen, die nach der Katastrophe von Tschernobyl eine Bürgerinitiative gegen Atomkraft gründeten und letztlich mit viel Hartnäckigkeit ihr Stromnetz vom unkooperativen Monopolisten übernahmen. Diese Geschichte können Sie unter anderem im Energiewende-Magazin nachlesen oder im Film «Das Schönauer Gefühl» ansehen. Doch nach dem Sieg ging es dann erst richtig los, denn nun galt es, die Idee einer bürgetragenen und erneuerbaren Energieversorgung Wirklichkeit werden zu lassen. In dieser Reihe blicken wir zurück auf Meilensteine der letzten 25 Jahre.
1. Juli 1997
Endlich am Ziel
Über zehn Jahre hat es gedauert, doch nach vielen Verhandlungen, Kampagnen, zwei gewonnenen Bürgerentscheiden und einer bundesweiten Spendenkampagne sind die neu gegründeten Elektrizitätswerke Schönau am Ziel: Das aus einer Bürgerinitiative entstandene Unternehmen überweist den Kaufpreis für das Stromnetz an den vorherigen Eigentümer KWR – auch wenn dieser nach Überzeugung der EWS und mehrerer vorheriger Gutachten deutlich zu hoch angesetzt ist. Das Geld für den Mehrpreis wurde in der aufsehenerregenden Kampagne «Ich bin ein Störfall» eingesammelt. Entgegen aller vorherigen Unkenrufe bleibt der Zusammenbruch der Schönauer Energieversorgung aus, sowohl an diesem historischen Tag als auch an allen weiteren.
Der erste Mitarbeiter
Der erste Angestellte der Elektrizitätswerke ist Martin Halm, der die anspruchsvolle Aufgabe hat, die Netzübernahme abzuwickeln und eine sichere und ökologische Stromversorgung der Schönauer Bürger:innen sicherzustellen. Bis heute widmet er sich als Geschäftsführer der EWS Netze GmbH dieser Aufgabe.
28.06.1998
Das Schönauer Schöpfungsfenster als Badische Energie-Revolution
Pünktlich zum 150jährigen Jubiläum der badischen Revolution werden die ersten neun Solarmodule aufs Dach der Schönauer Ortskirche geschraubt – noch ungenehmigt. Damit ist das die erste Solaranlage auf einem Baudenkmal überhaupt und die Zustimmung der Denkmalbehörde alles andere als sicher. Doch letztlich wird dieser Akt des zivilen Ungehorsams honoriert; das Amt erteilt die Genehmigung. Der damalige Pfarrer Peter Hasenbrink prägte den Namen «Schönauer Schöpfungsfenster», mit dem er an den Zweck, die Schöpfung zu bewahren, erinnert. Finanziert aus vielen Spenden, unter anderem aus dem kirchlichen Umweltfond, kann die komplettierte Anlage 1999 eingeweiht werden. Mit Inkrafttreten des ersten EEG im Jahre 2000 ist der Erlös aus der Einspeisevergütung bald so hoch, dass sich die Schönauer Kirche eine neue Orgel leisten kann. 2021 wird die Aufdachanlage runderneuert.
1998
Der Strommarkt wird neu aufgestellt
Im April 1998 wurde eine Neufassung des Energiewirtschaftsgesetzes beschlossen. Den Verbraucher:innen wurde es ermöglicht, den Stromanbieter frei zu wählen. Das stellte auch bei den jungen Elektrizitätswerken aus dem Schwarzwald einiges auf den Kopf. Zum einen bestand die Sorge, dass die Kund:innen im Schönauer Stromnetz zu anderen Versorgern wechseln könnten und der Betrieb des Stromnetzes nicht mehr wirtschaftlich möglich wäre. Zum anderen bot die Liberalisierung jedoch auch eine ganz neue Chance. Bundesweit würden sich Menschen dafür entscheiden können, dass ihr Strom nicht mehr aus Atomkraftwerken kommen soll. Dass ein Interesse dafür besteht, zeigten schon Zuschriften, die mit der bundesweiten Unterstützungskampagne in Schönau eintrafen. Denn durch die spektakuläre Übernahme haben die EWS bereits eine öffentliche Bekanntheit erreicht, die den lokalen Dunstkreis weit übersteigt.
11. August 1999
Erster Kunde außerhalb Schönaus
Ausgerechnet an jenem Tag, an dem die solare Stromversorgung unterbrochen wird, steigen die EWS offiziell in den Strommarkt ein: Wir schreiben den 11. August, und in Deutschland ist eine totale Sonnenfinsternis zu beobachten. Nach wenigen Minuten ist der solare Störfall vorbei – eine überschaubare Gefahr. Vor dieser eindrucksvollen Kulisse verkündet Mitgründer Michael Sladek die Ausweitung des Angebots auf das Bundesgebiet. Erster Kunde wird die Solar- und Umwelttechnikfirma Paradigma des baden-württembergischen Unternehmers Alfred Ritter (Ritter Sport). Diese fertigt ab sofort garantiert atomstromfrei.
Damit sind die EWS nun auch offiziell bundesweit im Geschäft. Für eine so kleines Unternehmen erst einmal ein verwegener Schritt, denn schließlich haben die EWS nicht annähernd die Werbebudgets, die die bisherigen Monopolisten lockermachen können. Doch dafür etwas anderes, nämlich den Ruf, anders zu sein, fairer und ökologischer. Und das überzeugt schon im ersten Jahr über 500 Menschen bundesweit zu einem Wechsel.
1999
Der «Sonnencent» wird eingeführt
Bald hat sich die EWS etabliert als Stromanbieter für alle, die sich eine demokratischere und ökologischere Energieversorgung wünschen. Und wo andere Unternehmen Kunden haben, haben die Schönauer Mitstreiter. Dafür sorgt auch das Förderprogramm der EWS: Mit dem «Sonnencent» ist in den Stromtarifen ein Förderanteil enthalten. Das gesammelte Geld wird in die Errichtung neuer Grünstromanlagen investiert und Kampagnen und Aktionen für die Energiewende gefördert. So bewirken die EWS-Kund:innen automatisch den Ausbau sauberer Erzeugungskapazitäten.
Das EWS Förderprogramm kann inzwischen jährlich über 1,6 Millionen Euro verteilen. An die tausend «Rebellenkraftwerke», also Solaranlagen und andere Erneuerbaren-Anlagen können so jährlich gefördert werden. Auch Vereine, Projekte und Organisationen, die die Energiewende voranbringen, profitieren von den Fördergeldern – einige davon stellen wir Ihnen hier im Blog vor.
2009
Einstieg ins Gasgeschäft
Nach der Stromkonzession können die EWS 2009 auch die Schönauer Gaskonzession für sich gewinnen. Das Angebot gilt zuerst in Baden-Württemberg, Bayern und Bremen, 2015 steigen die EWS auch bundesweit als Gasanbieter in den Markt ein. Unsere Gaskund:innen können sich inzwischen für eine Gasbelieferung mit bis zu 100 % Biogas-Anteil entscheiden.
2009
Die EWS wird Genossenschaft
Dank vieler Empfehlungen im Freundeskreis und einiger aufsehenerregender Aktionen – zu denen wir in einem späteren Beitrag kommen – sind die Elektrizitätswerke beständig gewachsen. Über 90.000 Kund:innen werden mittlerweile bundesweit beliefert. Die EWS Netzkauf, bis jetzt als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) mit 650 Gesellschafter:innen organisiert, entschließt sich, sich eine neue Organisationsform zu geben, nämlich die der Genossenschaft. Sie erleichtert die Teilhabe für Bürger:innen – mit dem Erwerb von Anteilen kann jede:r ganz einfach Mitglied werden und sich so aktiv für die Energiewende einsetzen.
2016
Solarpark Herten eingeweiht
In Rheinfelden-Herten entsteht als Gemeinschaftsprojekt dreier Bürgerenergiegenossenschaften der größte Solarpark im Kreis Lörrach – auf einer ehemaligen Mülldeponie. Über 11.000 Module produzieren seitdem genug Strom für 1.300 Haushalte, und dank der naturnahen Bewirtschaftung ist die Fläche ökologisch aufgewertet.
2017
Windpark Rohrenkopf wird eröffnet
2016 errichtete die EWS Energie GmbH mit ihren Projektpartnern fünf Windenergieanlagen bei Gersbach im Schwarzwald. Der am südlichsten und zugleich höchstgelegene Windpark Deutschlands kann bis zu 11.100 Haushalte mit klimafreundlicher Energie versorgen.
Weitere Meilensteine:
2018: Mit dem modernisierten Internetauftritt erblickt das EWS Energiewende-Magazin das Licht der Öffentlichkeit. Statt einem typischen Kundenmagazin möchten die EWS den Leser:innen hochwertigen und unabhängigen Journalismus zu den Themen Klimakrise, Ökologie und Energiewende bieten. Neben der Onlinepräsenz erscheint es auch in gedruckter Form und kann von allen Interessierten kostenlos abonniert werden.
2019: Im Februar wird die Marke von 200.000 belieferten Kund:innen erreicht. Die 200.000ste Kundin wird mit einem Blumenstrauß persönlich in Berlin begrüßt.
2020: In Schönau wird das neue Firmengebäude eröffnet. Das beständige Wachstum der EWS hat diesen Schritt lange notwendig gemacht. Der großzügige, moderne Holzbau wird mit dem Hugo-Häring-Preis für nachhaltige Architektur ausgezeichnet.
2021: Neben der Zentrale in Schönau und dem Berliner Büro eröffnen die EWS in Freiburg ihre dritte Betriebststätte – und den EWS Store. Unweit des Hauptbahnhofs findet sich eine Anlaufstelle für Kund:innen, Genoss:innen, für Kunst, Kultur und Bewegung.
2021: Die Genossenschaft erreicht die Marke von 10.000 Mitgliedern. Über den Empfang der 10.000sten Genossin berichteten wir hier im Blog.